Naar huis, maar hoe?
21. März 2020No exit, New Zealand!
30. März 2020Eigentlich sollten wir jetzt im Flugzeug sitzen. Im Flugzeug, das uns zuerst von Christchurch nach Dubai und dann nach Amsterdam bringen sollte. Nach Hause. Eigentlich. Aber wie so oft kam alles anders:
Nachdem klar war, dass wir unsere Reise nicht wie geplant fortsetzen konnten und wollten, hatten wir umgehend einen Rückflug mit Emirates gebucht für Mittwoch, den 25. 3. – mit der letzten Airline, die zu diesem Zeitpunkt noch fliegen sollte. Die Buchungen waren bestätigt und der Flugpreis von der Kreditkarte abgebucht. Zu Hettys Beruhigung hatte ich später gegen Aufpreis auch noch Sitzplätze für die Strecke Christchurch-Dubai und Dubai-Amsterdam reserviert. Alles schien soweit ok zu sein.
Wir hatten uns für die verbleibenden 4 Tage in einem Backpackerhostel in Picton gut vier Fahrstunden nördlich von Christchurch eingemietet. Wir wollten das Beste aus den letzten Tagen machen. Aber irgendwie lag auch in Neuseeland schon Veränderung in der Luft. Es hatte die ersten Virusinfektionen gegeben, und die Stimmung änderte sich merklich. Hatten wir die Neuseeländer auf unserer Reise bislang als ausnehmend freundlich und hilfsbereit erlebt, merkten wir nun, wir wir als Reisende plötzlich mit anderen Augen angesehen wurden. Gehören wir doch zu der Gruppe, die den Virus nach Neuseeland gebracht haben. Wir spüren einen Anflug von Stigma. Im Cafe müssen wir uns plötzlich in eine Gästeliste mit allen unseren Kontaktdaten eintragen, beim Check-In am Campingplatz werden wir kritisch gefragt, wie lange wir schon im Land sind und ob wir ggf. nicht in Quarantäne sein müssten und müssen zur Verifizierung unseren Pass herzeigen. In einem Souvenirladen in Picton sprechen wir mit einer älteren Verkäuferin über die Gesamtsituation und sie bringt ihre Hoffnung auf Besserung damit zum Ausdruck, dass die neuseeländische Premierministerin zugesichert habe, dass alle Ausländer bis zum Wochenende das Land verlassen haben würden. Das soll also die Lösung sein. Wir verlassen den Laden mit einem Gefühl von Befremdung.
In unserem Hostel befindet sich ein bunt zusammengewürfelter Haufen von internationalen Reisenden aller Altersgruppen: junge Backpacker, Päärchen mit Campervans, eine Gruppe neuseeländischer Biker im fortgeschrittenen Rentenalter. Gerade die Jungen nehmen die Situation noch leicht. Einige planen gar nicht zurückzukehren, sondern wollen die Corona-Krise lieber gleich gänzlich in Neuseeland aussitzen. Aber die meisten von uns wollen doch so schnell wie möglich mit dem Flugzeug nach Hause.
Aber dann regnet es Flugstreichungen. Zuerst macht Singapur den Flughafen dicht, dann lässt auch Australien keine Transits mehr über Sydney zu und plötzlich kündigt Emirates an, ab sofort nicht mehr nach Deutschland zu fliegen. Aber immerhin noch bis Ende der Woche nach Holland. Glück gehabt. Denken wir zumindest. Bis auch diese Verbindung keine 12 Stunden später ebenfalls gestrichen wird. Mittels einer sehr kurzen und lapidaren E-Mail werden wir davon in Kenntnis gesetzt, dass unser Flug nicht stattfinden würde – „sorry for the inconvenience.“ Okay, jetzt sitzen wir fest. Wir fühlen uns ein wenig an unsere Erlebnisse in Bolivien erinnert, als wir es auch dort nur unter abenteuerlichen Bedingungen schafften, das Land zu verlassen (siehe „Adios Bolivia, buenas dias Argentina!“). Aber hier ist die Situation und Größenordnung doch eine andere.
Gleichzeitig verkündet die neuseeländische Premierministerin, dass Neuseeland innerhalb von 48 Stunden in den „Lockdown“ gehen werde und es dann auch keine Reisemöglichkeiten innerhalb des Landes mehr geben würde. Hetty und ich beschließen, unseren Aufenthalt in Picton zu verkürzen und auf dem schnellstmöglichen Weg nach Christchurch zurückzukehren. Wenn es noch die Möglichkeit zum Heimflug geben würde, dann von dort aus. Wir setzen unsere Hoffnungen jetzt auf die Rückholprogramme der deutschen und der niederländischen Regierungen. Angeblich wollen diese Flüge für im Ausland festsitzende Staatsbürger bereitstellen. Wir tragen uns in die dafür notwendigen Listen der beiden Botschaften ein. Aber es ist klar, dass Neuseeland nicht an erster Stelle steht, in anderen Ländern wie etwa in Südamerika scheint die Situation für Reisende ungleich dramatischer zu sein als hier, was wir uns nur zu gut vorstellen können.
Wir mieten uns per Airbnb ein kleines Gartenhäuschen in einem ruhigen Stadtviertel von Christchurch und fahren mit unserem Mietwagen dorthin. Auf den Straßen der Stadt herrscht zu diesem Zeitpunkt bereits gespenstische Ruhe. Einzelne Autos sind unterwegs, aber man sieht so gut wie keine Menschen auf der Straße. Obwohl Neuseeland sich noch für zwei Tage im sogenannten „Level 3“ befindet, in dem man sich noch weitgehend frei bewegen kann, scheinen die Neuseeländer die Situation bereits sehr ernst zu nehmen und kaum noch ihre Häuser zu verlassen.
Kaum angekommen erreicht uns zumindest die Nachricht, dass die Bundesregierung jetzt auch mit der Rückholung aus Neuseeland beginnen will. Laut Ankündigung soll der erste Flug eventuell schon am Freitag-Abend von Auckland aus starten, und auch Christchurch soll später folgen. Wir sind etwas erleichtert, aber die Nerven bleiben doch angespannt. Nach all den Vorkommnissen werde ich erst wirklich beruhigt sein, wenn wir beide tatsächlich in einem Flugzeug in Richtung Heimat sitzen.
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11 Comments
Ich denke an Euch und drücke ganz fest die Daumen, dass es mit einem baldmöglichsten Flug klappt. Wäre die Situation nicht so schrecklich, würde ich denken: was für ein süßes Ferienhaus- und dann auch noch Hühner davor!
Euch nun gute Nerven und bekommt Euch nicht in die Haare!
Sterkte en ik denk aan jullie!
We leven met jullie mee !
Das ist echt alles wie im schlechten Film! Wir denken sehr an Euch und drücken weiter fest die Daumen – und hamstern eine Extra-Packung Klopapier für Euch…!
Oh Mann, ihr beiden! Wir drücken hier alle Daumen, dass ihr sobald wie möglich sicher nach Hause kommt. Jetzt heißt es wirklich nur noch, irgendwie die Nerven zu bewahren. Ganz viel Kraft dafür!
Oh Mann, dass tut mir so leid für euch.
Den Abschluss eurer Weltreise hattet ihr euch anders vorgestellt. Nicht nur, dass ihr vorzeitig abbrechen müsst, jetzt auch noch diese Zitterpartie.
Und schade, dass auch die als so weltoffen und freundlich geltenden Neuseeländer in dieser Situation ein ganz anderes Gesicht zeigen.
Ich drücke euch die Daumen, dass es bald mir dem Rückholen klappt und ihr wohlbehalten nach Hause kommt.
Liebe Grüße Gina
Hey, daß langsam Bewegung in das Thema kommt beruhig doch etwas. Seit Nick den Camper verkauft hat und nur wenige Kilometer vom Flughafen Auckland in einem AirBnb untergekommen ist, geht es auch uns hier deutlich besser. Aber auch er hat uns schon Fotos der Schlangen vor dem Supermarkt geschickt. Also haltet die Ohren steif und bleibt gesund!
Alles Gute für euch, eine gesunde und sichere Heimkehr!!
ich drücke euch die Daumen, daß es bald mit der Rückholaktion klappt und ihr wohlbehalten in Holland oder Deutschland ankommt. Trotz Corona-Krise wird euch hier der Frühling empfangen!
Sterkte met geduld hebben. Hopelijk komt er snel een vliegtuig jullie kant op. Wat een roteinde van zo’n mooie reis! #blijfgezond
Wow, Nervenkitzel, Abenteuer mal auf eine ganz andere Art, und mal ganz anders als alles was bisher bekannt war. Dass die Flüge kurzfristig gestrichen werden ist das eine. Bedauerlich finde ich vor allem, dass die Stimmung so plötzlich kippt, und auch gegen die beiden lieben van der Neuts … . Ich hoffe daher sehr, dass Ihr Neuseeland auch in den letzten Tagen mit einer freundlichen Erinnerung von freundlichen Neuseeländern verlasst.
Bislang erlebe ich die existenzbedrohenden Folgen der Pandemie, so viele deren Lebenswerk wackelt oder die erheblich Verluste erleiden. Eure Perspektive ist dann wieder eine ganz andere. Bei Euch beiden bin ich mir im Gegensatz zu den Verläufen bei anderen sicher, dass die Geschichte gut verläuft, denn Ihr beiden findet immer eine Lösung. Und immer die so ziemlich Bestmögliche 🙂
Ich wünsche viel Glück und viel Erfolg, und drücke Euch die Daumen 😉