Abenteuer Albanien: Offroad-Fahren und Wild-Campen am Balkan
1. August 2024Fotogalerie Albanien
29. August 2024Teil 2: Gjirokaster – Südküste – Kap Rodon – Lagune von Patok – albanische Alpen – Theth
Gjirokaster – ganz schön und ganz schön überlaufen
Der Wind fegt den Staub über den sandigen Parkplatz, als wir von unserer morgendlichen Wanderung durch den Lengarica Canyon zurückkehren. Im Nu haben unsere Klamotten aber auch der Defender von oben bis unten eine grau-beige Farbe angenommen. Von der Kleidung klopfen wir den Staub noch notdürftig ab, der Wagen bleibt vorläufig so wie er ist. In der nächsten Zeit wird er noch so manches Staubkorn und so manchen Schlammspritzer fangen.
Im Windschatten einiger Bäume folgt noch eIn schnelles Frühstück am Autoheck. Und dann starten wir in die zweite Hälfte unserer Reise durch Albanien. Gut anderthalb Stunden später errreichen wir unser nächstes Ziel: die Stadt Gjirokaster tief im Süden des Landes. Gjirokaster ist eine der ältesten Städte Albaniens und zählt seit 2005 (ebenso wie Berat) zum UNESCO Weltkulturerbe.
Den historischen Stadtkern mit seinen typischen Häusern besichtigen wir natürlich wieder in der Mittagszeit. Oder anders ausgedrückt: in der größtmöglichen Hitze des Tages. Schlecht geplant, aber nicht zu ändern. Die mittlerweile auch von unzähligen Instagram-Postings bekannte Altstadt ist wirklich sehr schön. Sie erstreckt sich aber eigentlich nur auf einige wenige Straßen, die touristisch schon recht überlaufen sind. Eigentlich alle Gebäude der Altstadt beherbergen etweder Souvenirläden, Restaurants oder Guesthouses. Und an jeder Ecke stehen die Touristen mit ihren Selfiesticks und verbauen sich gegenseitig den Blick auf das bestmögliche Fotomotiv…
Und während man Berat den Titel „Stadt der 1000 Fenster“ verliehen hat, bezeichnet man Gjirokaster auch gerne als die „Stadt der 1000 Stufen“. Die alten Gebäude sind zum Großteil an einem steilen Hang errichtet. Man muss treppauf und treppab steigen, um die malerischen Gassen zu erkunden. Nach kurzer Zeit sind wir schon wieder schweißüberströmt und fix und fertig. Wir beschließen, die Gelegenheit zu einer Pause zu nutzen und albanisch essen zu gehen. Auf einer der von Fußgängern bevölkerten Straßen finden wir ein passendes Restaurant mit einem wunderschönen kleinen Balkon. Auf den Balkon passt exakt ein kleiner Tisch mit drei Stühlen und den schnappen wir uns – perfekt! Wir genießen ein sehr leckeres Essen (mit viel Knoblauch und Joghurt) und eine großartiger Aussicht über das Treiben in der Altstadt.
Flächenbrand am Straßenrand
Nach dem Mittagessen wandern wir noch etwas herum, aber die Hitze läßt eigentlich keine echte Aktivität mehr zu. Also füllen wir in einem Supermarkt noch unsere Wasservorräte auf, und weiter geht es.
Floris hatte vorgeschlagen, auf dem Weg zur Küste noch zu einem sogenannten „Blue Eyes“ zu fahren. Dabei handelt es sich um ein Quellwasserbecken in den nahegelegenen Bergen, dessen tiefblaue Farbe an die Pupille eines Auges erinnert. Das Becken ist mehr als 50 Meter tief und da es von einer unterirdischen Quelle gespeist wird, verfügt das Wasser über eine konstante Temperatur von knapp 13 Grad – bei der aktuell herrschenden wüstenähnlichen Hitze also quasi ideal zum Baden! 😉
Also machen wir uns wir voller Vorfreude auf ein erfrischendes Bad von Gjirokaster aus auf den Weg nach Süden in Richtung Saranda. Ich nutze die Gelegenheit und gönne mir gerade ein kleines Nickerchen auf der Rückbank. Da werde ich plötzlich von Floris und Bastian geweckt. Vor uns hat sich am Himmel eine gigantische graue Dunstwand aufgebaut. Ich vermute erst noch, es könne die ersehnte Gewitterfront sein, die uns nicht nur Regen sondern vor allem auch Abkühlung bringen würde. Aber dann sehen wir, dass es sich um ausgedehnte Rauchwolken handelt, die sich von den Bergen her im Tal ausbreiten. Offensichtlich sind in der großen Hitze Waldbrände ausgebrochen.
Beim Näherkommen wird der Rauch immer undurchdringlicher. Und schon bald entdecken wir auch entlang der Straße in einiger Entfernung auf den staubtrockenen Feldern großflächige offene Feuer. Und wenige hundert Meter weiter geht dann gar nichts mehr.
Die Polizei hat die Straße komplett gesperrt, die Flammen schlagen vom Wind angefacht direkt neben der Straße in den Himmel. Einige ziemlich tapfere Männer versuchen mit großen belaubten Ästen auf die Flammen einzuschlagen und das Feuer einzudämmen. Aber sie führen einen völlig aussichtslosen Kampf, die Kombination aus Dürre und heftigen Windböen lässt ihnen keine Chance.
Wir warten kurz ab. Dann gehe ich zu Fuß an der langen Reihe von Autos vorbei nach vorne, um die Situation einzuschätzen. Und während ich so durch die dichten Rauchschwaden die Feuer auf der rechten Straßenseite in Augenschein nehme, sehe ich plötzlich im linken Augenwinkel, dass die Flammen bereits die Straße überwunden und auf die linke Seite übergegriffen haben. Direkt neben mir schlagen sie auch hier bereits meterhoch in die Luft. Jetzt macht sich dann doch ein ungutes Gefühl breit. Ich befürchte nicht so sehr, dass wir unmittelbar von den Feuern eingeschlossen werden. Aber ich möchte auch nicht in einem Pulk panisch wendender und hektisch herumrangierender Fahrzeuge festsitzen, wenn es soweit sein sollte. Also laufe ich zurück zu Floris und Bastian im Auto und wir beschließen, das „Blue Eye“ „Blue Eye“ sein zu lassen und in einem weiten Bogen um die Feuer herum zur Küste zu fahren. Gesagt, getan. Wir kehren um.
Abkühlung an der Adria
An der Küste angekommen fahren wir Richtung Borsh. In der Nähe des Städtchens Lukova suchen wir uns einen schönen Stellplatz mit Aussicht auf das Meer. Es ist später Nachmittag, als wir ankommen und den Defender oberhalb der malerischen Küste auf einer kleinen Anhöhe platzieren. Sobald das Camp steht, greifen wir uns Handtücher und Badehosen und laufen erstmal die 10 Minuten Fußweg zum Strand hinunter, um uns im Meer abzukühlen. Bei den gegenwärtigen Temperaturen hält man es mühelos eine ganze Stunde im Wasser aus, bevor man sich dann einfach wieder in der Sonne trocknen lässt.
Den Abend verbringen wir anschließend unter der Markise mit schönster Aussicht auf das Mittelmeer. Der Sonnenuntergang ist so schön, dass er beinahe schon wieder kitschig ist…
Leider kühlt sich die Luft hier an der Küste auch nachts nicht wirklich ab, so daß es mit dem Schlafen nicht ganz so einfach ist. Unser Dachzelt oben auf dem Defender lässt Dank einer Vielzahl von Öffnungen wenigstens noch einigermaßen Lüftung zu, aber Floris schwitzt in seinem weitestgehend geschlossenen Zelt am Boden doch beträchtlich.
Am nächsten Tag bauen wir unser Camp bereits früh morgens wieder ab und fahren nochmal hinunter zum Strand. Hier gibt es auch eine kleine sehr hübsche Beachbar und die obligatorischen Sonnenliegen mit Schirmen zur Miete. Auf die Liegen verzichten wir, nutzen aber sehr gerne den Halbschatten auf der Terasse der Bar und genehmigen uns einige eisgekühlte Getränke. Dann noch ein weiteres ausgiebiges Bad im Meer und weiter geht’s!
Heute steht nochmal wieder ein Offroad-Trail auf dem Programm, der uns wieder ins bergige Hinterland führt. Von Borsh aus fahren wir durch das Shushica-Tal in Richtung Vlora. Die Piste ist nicht sehr schwierig und lässt sich angenehm befahren. Wir genießen es, statt auf der viel stärker befahrenen Küstenstraße beinahe ganz alleine hier in den Bergen unterwegs zu sein.
Kap Rodon: der Platz an der Sonne
Wir legen den Trail in kürzerer Zeit zurück als wir vorher angenommen hatten. Da wir also noch etwas Zeit haben, beschließen wir heute noch bis zum Kap Rodon zu fahren, nordwestlich von Durrës. Die Strecke dorthin ist nunmehr gut ausgebaut und zum Glück sind auch weit und breit keinerlei weitere Feuer zu sehen!
Wie immer hat Floris mittels unserer App einen schönen Stellplatz herausgesucht. Das letzte Stück Weg dorthin stellt sich allerdings erstmal als stark ausgewaschene und ziemlich steile Sand-Piste heraus, die wir vorsichtshalber vorab zu Fuß ablaufen und auf ihre Fahrtauglichkeit hin inspizieren. Wir stufen sie dann aber als machbar ein. Und nach einigen etwas holperigen Fahrminuten erreichen wir schließlich auch mit dem Defender einen wunderschönen Platz oben auf der Landzunge mit Aussicht auf die Adria. Die Lage auf der Anhöhe verspricht die ungehinderte Sicht auf den Sonnenuntergang auf der einen wie auch den Sonnenaufgang auf der anderen Seite unseres Camps.
Den Sonnenuntergang können wir heute allerdings nur bedingt genießen: Denn nach einem schnellen Abendessen muss unbedingt noch Fußball geguckt werden: das EM-Halbfinale Holland gegen England. Zum Glück reicht der Internetempfang bis auf die Hochebene hinauf, und das Spiel kann auf dem Handy gestreamt werden. Nur leider verliert Holland durch einen unglücklichen Gegentreffer in der letzten Spiel-Minute. Die abendliche Stimmung im Camp leidet etwas.
Trotzdem beschließen Floris und ich am nächsten Morgen um 5 Uhr aufzustehen und den zu erwartenden Sonnenaufgang über dem Festland anzusehen. Und so machen wir es dann auch: etwas verschlafen kochen wir uns in der Morgendämmerung schnell einen Kaffee zum Mitnehmen und dann wandern wir auf einen kleinen nahegelegenen Hügel, auf dessen Gipfel einer der zahlreichen im Land verstreuten ehemaligen Bunker thront und von der kommunistischen Vergangenheit des Landes zeugt.
Der Sonnenaufgang ist wunderschön. Aber je höher die Sonne steigt, umso höher steigen auch wieder die Temperaturen. Bevor die Hitze des Tages erneut gnadenlos zuschlägt, machen Floris und ich noch einen kleinen Spaziergang über die Hochebene um unser Camp herum. Unterwegs begegnen wir einem alten albanischen Bauern mit seinem Esel. Er grüßt überaus freundlich und wir versuchen, zumindest ein rudimentäres Gespräch zu beginnen. Leider kommen wir wieder über den inzwischen mehrfach praktizierten Austausch der Nationalitäten nicht hinaus (sprich: er deutet auf sich: „Alban“ und wir auf uns: „Germania“). Eigentlich ist es schade, gerade weil uns so viele Albaner so besonders freundlich und aufgeschlossen begegnen und wir uns sehr gerne mehr mit ihnen austauschen würden. Für das nächste Mal nehmen wir uns vor, zumindest ein paar Grundbegriffe Albanisch zu lernen.
Schweren Herzens verlassen wir schließlich unser paradiesisches Camp und fahren weiter. Wir machen noch einen kurzen Abstecher zu einem Strand am Fuße des Kaps und kühlen uns kurz im Wasser ab. Aber obwohl es sich immerhin um einen kostenpflichtigen Privatstrand handelt, macht er nur wenig her und wir brechen schneller als geplant wieder auf. Unser nächstes Etappen-Ziel ist die Lagune Patok. Sie liegt eigentlich nur wenige Kilometer weiter nördlich, aber die Streckenführung dorthin stellt uns unerwartet vor Probleme:
Navigation in Albanien
Die Navigation in Albanien gestaltet sich mitunter nicht ganz einfach, da überall sehr viele neue Straßen gebaut werden. Für Navigationsprogramme und Straßenkarten ist es daher quasi unmöglich, stets auf aktuellem Stand zu sein. Zeitweilig haben wir deshalb drei Navigationsprogramme gleichzeitig im Einsatz (und zur Sicherheit auch eine Straßenkarte auf Papier im Handschuhfach).
Heute geben zwei dieser Programme übereinstimmend an, die beste Strecke führe über eine abgelegene Landstraße, auf der wir nach einigen Kilometern zu einer schmalen und nicht sehr vertrauenswürdigen Holz-Hängebrücke gelangen. Das Metallgeländer ist an einer Stelle abgerissen, die Holzbohlen, die den Boden bilden, sehen brüchig aus und fehlen an mehreren Stellen komplett. Ich halte vor der Brücke erstmal an und inspiziere das Bauwerk über seine gesamte Länge. Kann diese wackelige Konstruktion die 2,4 Tonnen Gewicht des Defenders sicher tragen? Oder reißen wir die gesamte Konstruktion beim Überfahren ein?
Und während ich so in Gedanken noch die Risiken abwäge, hält neben mir ein japanischer Kleinwagen vor der Brückenauffahrt. Ein älterer Albaner springt behende aus dem Auto, kommt auf mich zugelaufen und fragt mich auf Deutsch, wohin ich wolle. Offenbar hat er unser deutsches Nummernschild erkannt. Ich bin etwas überrascht, aber auch erfreut über die unerwartete Hilfe. Er erklärt mir gestenreich, dass es eine sehr viel bessere Straße wenige Kilometer weiter nördlich gäbe, die auch über eine große und sichere Brücke verfüge. Ich bedanke mich für die Unterstützung, was er mit einem sehr fröhlichen gerufenen „Sehr gerne, Deutschland ist bestes Land!“ quittiert. Und dann „brettert“ er (in diesem Fall wirklich buchstäblich!) mit seinem Kleinwagen über die wackelige Brücke. Ich drehe lieber ab und folge der empfohlenen Route. Unterwegs frage ich mich, welche positiven Erfahrungen dieser Mann wohl in Deutschland gemacht haben mag, die ihn zu dieser seiner erfreulichen Einschätzung gebracht haben.
Schließlich erreichen wir die Lagune Patok. Diese 480 Hektar große Lagune ist eine ökologische Besonderheit und beherbergt u. a. eine große Meeresschildkrötenpopulation. Die Tiere halten sich hier auf, bevor sie im Winter nach Griechenland und Tunesien weiterziehen. Auf die Schnelle bekommen wir allerdings keine zu Gesicht. Wir nutzen aber die Gelegenheit, in einem der kleinen traditionell auf Pfählen gebauten Restaurants zu Mittag zu essen. Danach müssen wir noch unsere Wasser-Vorräte auffüllen und machen einige Einkäufe, bevor es für uns weitergeht ganz in den hohen Norden Albaniens:
In mehrerer Hinsicht ein Höhepunkt: die albanischen Alpen
Für das Ende unserer Reise haben wir uns noch ein Offroad-Schmankerl aufgehoben: die Fahrt von Shkodra nach Theth im Herzen der albanischen Alpen. Die südliche Strecke zu dem kleinen Bergdorf gilt unter Geländewagen-Fahrern als besonderes Highlight, das sich kaum einer entgehen lassen will.
Es ist bereits später Nachmittag, als wir in den Offroadtrail einbiegen. Wir lassen noch Luft aus den Reifen, beschließen dann aber, nur noch ein kurzes Stück zu fahren und den ersten möglichen Stellplatz auf der Strecke anzusteuern. An einem Gebirgsfluss werden wir fündig. Die Abfahrt hinunter zum Ufer ist allerdings ziemlich steil und rutschig. Aber mittlerweile sind wir ja einiges gewohnt und vertrauen auf unser Reisefahrzeug. Also stellen wir uns unten im Tal direkt neben das klare und grün schimmernde Wasser und nehmen natürlich erstmal wieder ein (diesmal endlich sehr erfrischendes) Bad.
Dass die Strecke unter Offroadern sehr beliebt ist, zeigt sich auch daran, dass im Laufe des Abends zwei weitere Overlandfahrzeuge ihr Camp in unmittelbarer Nähe aufschlagen. Ein polnischer Familienvater kommt mit seinem Sohn von seinem Toyota Landcruiser zu uns herüber und inspiziert neugierig unseren Defender. Wir fachsimpeln ein wenig über die Vorzüge und Nachteile der beiden Fahrzeuge für Reisen dieser Art.
In der Nacht kühlt es dann endlich mal wieder etwas ab, so dass wir uns am nächsten Morgen einigermaßen ausgeruht und erfrischt auf den Weg machen. Wir sind sehr gespannt, was uns auf der Route erwarten wird. Ein wenig Kopfzerbrechen bereitet uns, dass möglicherweise recht viele Geländewagen auf der Strecke unterwegs sein könnten. Ständiger Gegenverkehr würde das Fahren je nach Breite der Bergpiste einigermaßen schwierig machen.
Als erstes wühlt sich der Defender aber schonmal völlig mühelos aus der Flusssenke wieder hinauf auf die Piste. Das fühlt sich für den Start schonmal gut an. Eine Zeitlang ist die Piste auch noch recht gut ausgebaut. Aber dann wird sie unvermittelt deutlich schmaler. Ab sofort ist der Weg zerklüftet, ausgewaschen und hohe Steine und Felsbrocken ragen zwischen den Fahrspuren heraus. Vielfach fahren wir jetzt nur noch Schritttempo. Immer wieder muss der jeweilige Beifahrer aussteigen und als „Spotter“ vorweglaufen und dem Fahrer die beste Fahrlinie signalisieren. Es ist doch ganz schön anstrengend, so durchgehend voll konzentriert über mehrere Stunden zu fahren. Ich bin froh, vor der Reise die Bereifung noch auf „All Terrain“ gewechselt zu haben. Aber alles geht gut, der Defender gibt sich nicht den Hauch einer Blöße und meistert die Piste völlig problemlos. Lediglich die häufig von beiden Seiten sehr weit in den Weg ragenden Äste hinterlassen am Ende doch einige Kratzer im Autolack. Nunja, da kann man nichts machen.
Zum Glück stellt sich unsere Sorge um etwaigen häufigen Gegenverkehr als unbegründet heraus. Den ganzen Tag über begegnen wir nur einer Handvoll weiterer Fahrzeuge. Schwierige (und gegebenenfalls auch gefährliche) Ausweichmanöver auf der teilweise recht ausgesetzt am steilen Berghang verlaufenden Piste können wir so bis auf wenige Ausnahmen vermeiden.
Ziemlich genau auf der Hälfte der Strecke legen wir auf einem Bergkamm eine Mittagpause ein. Die uns umgebenden Bergpanoramen sind atemberaubend. Leider ist es die Hitze auch. Wir gönnen uns einen kleinen Mittagssnack im Schatten einiger kleiner Bäume. Dann springen wir wieder in das klimatisierte Auto.
Die zweite Hälfte des Weges wird nach einigen Kilometern überraschend deutlich besser. Von Theth kommend ist man bereits damit beschäftigt, auch diese Strecke nach Shkodra auszubauen. Wir kommen an einigen Baggern vorbei, die die eben noch sehr enge Piste auf zwei Spuren verbreitern und gleichzeitig den Untergrund planieren. Es wird wohl nicht mehr lange dauern, dann wird auch diese Route für ganz normale PKW zugänglich sein. Das mag den einen oder anderen Offroad-Enthusiasten schmerzen, aber letztendlich ist der Wunsch danach für die lokale Bevölkerung natürlich verständlich.
Theth: Bergdorf und touristisches Zentrum
Am frühen Nachmittag kommen wir an unserem Zielort Theth an. Umgeben von mehreren Zweitausendern hat sich das kleine Bergdorf in den letzten Jahren zum touristischen und gut besuchten Zentrum der albanischen Alpen entwickelt. Wo es früher lediglich einige kleine Gehöfte gab, reihen sich jetzt Hotels, Guesthouses und Campingplätze aneinander. Sogar eine Zipline-Anlage wurde für die Touristen errichtet. Und überall wird natürlich fleißig weiter gebaut.
Direkt bei Theth finden wir keinen schönen Stellplatz zum Wildcampen. Daher entscheiden wir uns, auf einem Campinplatz zu übernachten, der zumindest eine wunderschöne Sicht auf das uns umgebende Bergpanorama bietet. Hier sehen wir dann auch wieder zahlreiche anderer Overlander mit ihren Gelände-Fahrzeugen, daneben aber auch viele gewöhnliche Wohnmobile. Diese haben die mittlerweile komplett asphaltierte Straße von Koplik nach Theth genommen, über die mittlerweile ein Großteil der Touristen zu dem Bergdorf kommt.
Und dann treffen wir da noch auf Wolfgang, einen älteren deutschen Reisenden mit langen schlohweißen Haaren, die er mit einem zerknautschten Cowboyhut in Tarnoptik bändigt. Er ist in einem zum Camper umgebauten Leichenwagen unterwegs. Auf dem Dach des dunklen Autos mit dem sarglangen Kofferraum befindet sich ein wuchtiger Gepäckträger vollgepackt mit Kisten und einem Ersatzreifen. Die Karosserie ist rundum mit zahlreichen bunten Rallye-Aufklebern verziert. Ein derartig skurriles Reisefahrzeug habe ich bislang noch nicht gesehen!
Mit einer Halbliter-Bierdose in der Hand spricht Wolfgang uns auf dem Campinplatz an. Er fragt, ob wir die Offroad-Strecke nach Theth gefahren seien und wie dies gelaufen sei. Wir berichten von der recht holperigen und teilweise schwierigen steinigen Bergpiste und er fragt, ob er diese unserer Meinung nach mit seinem Leichenwagen fahren könne. Ich werfe zur Sicherheit nochmal einen Blick unter sein Gefährt und rate ihm schließlich ab. Unser Defender verfügt über eine Bodenfreiheit von knapp 30 cm, und wir hatten teilweise schon Sorge, ob er auf den groben Felsen aufsetzen würde. Wolfgangs Leichenwagen aber würde auf der Piste unweigerlich Schaden nehmen. Es tut mir irgendwie leid, aber ich will auch nicht Schuld daran sein, wenn er in seinem originellen Gefährt irgendwo in den albanischen Bergen havariert. Etwas enttäuscht ob dieser Einschätzung nimmt er noch einen tiefen Schluck aus der Bierdose, tippt kurz mit dem Zeigefinger an seinen Hut und zieht von dannen.
Die Anstrengungen unserer Reise und die andauernde Hitze fordern jetzt ihren Tribut. Insbesondere Floris ist ziemlich kaputt. Vom wenigen Schlaf und der drückenden Hitze hat er Kopfschmerzen und bekommt erstmal eine Paracatemol-Tablette aus der Reiseapotheke. Dann halten er und Bastian eine verspätete Siesta im Schatten der Markise am Defender. Aber auch danach sind wir drei Reisegefährten allesamt noch ziemlich erschöpft. Und so beschließen wir, am heutigen Tag keinerlei weitere Aktivitäten zu unternehmen.
Dafür stehen wir am nächsten Morgen in aller Frühe auf, um eine Wanderung zum Grunas-Wasserfall zu machen. Wir brechen unsere Zelte ab und fahren vom Campingplatz hinunter ins Dorf, wo wir unsere Wanderung beginnen. Gleich zu Beginn passieren wir die bekannte Kirche von Theth (die eigentlich einzige nennenswerte Sehenswürdigkeit des Dorfes). Bis zum Wasserfall dauert es eine gute Stunde. Aufgrund der frühen Tageszeit sind wir erst noch weitgehend allein, aber später füllt sich der Wanderweg mit Touristen. Der Wasserfall gehört aufgrund seiner guten Erreichbarkeit zu den beliebtesten Wanderzielen in der Gegend. Und so werden dort jede Menge Selfies geschossen, die natürlich möglichst schnell verschickt werden müssen. Daher hat man direkt am Fuße des Wasserfalls einen eigenen W-Lan-Funkmasten aufgestellt, der direkt vor Ort für drahtloses Internet sorgt – moderne Zeiten!
Auf dem Weg zum Wasserfall haben wir an einer alten Alm einen einladenden Gastgarten entdeckt und kehren auf dem Rückweg in diesen ein. Wir trinken gekühlte Getränke und den sehr starken und eigentlich nur mit viel Zucker genießbaren „Albanian Coffee“. Gegen 11 Uhr sind wir wieder zurück am Auto. Die letzten Meter zum Parkplatz legen wir wieder nur noch schweißüberströmt zurück.
Die Heimreise – Kosten und Kontraste
Mit unserem Besuch in Theth beschließen wir unser Albanien-Abenteuer. Für den Rückweg aus den Bergen nehmen wir die asphaltierte Straße nach Koplik. Und von dort geht es wieder zur Grenze. Der Übertritt nach Montenegro verläuft diesmal erfreulich zügig – wahrscheinlich weil es Wochenende ist und kein Arbeitsverkehr die Schlange am Zollhäuschen in die Länge zieht.
Für die Heimreise haben wir uns noch einige lohnenswerte Stopps herausgesucht, um die Strecke zu unterbrechen und nicht nur in einer langen Tour auf der Autobahn unterwegs zu sein. Und so machen wir in Montenegro einen kurzen Halt in dem malerischen Küstenstädtchen Perast und übernachten auf einem Campingplatz in der Bucht von Kotor. Am Folgetag wollen wir dann noch einen Blick auf das kroatische Dubrovnik werfen. Floris und ich waren vor 16 Jahren schon einmal dort, aber Bastian wollen wir die Stadt noch unbedingt zeigen.
Aber wie ich schon im Vorfeld befürchtet hatte: Dubrovnik ist als Reiseziel mittlerweile komplett überlaufen. Nichtzuletzt die Dreharbeiten zur „Game of Thrones“-Serie in der Stadt haben die Besuchermassen nochmals anschwellen lassen.
Und so finden wir uns also unverhofft inmitten einer gigantischen Menschenmenge wieder und schieben uns dicht an dicht durch die an und für sich immer noch wunderschöne Altstadt. Leider ist zwischenzeitlich auch das Preisniveau vor Ort in astronomische Höhen gestiegen: der Parkplatz am Rande des Stadtzentrums kostet uns bereits 20 Euro für zwei Stunden. Und als wir einen Rundgang auf der berühmten Stadtmauer machen wollen, verlangt man für den Zutritt gar 35 Euro pro Person. Wir verzichten dankend. Ich fürchte, Dubrovnik kann man vorerst aus den Reiseplanungen streichen. Schade.
Aber wir dürfen uns natürlich nicht beschweren. Wir selbst sind eben auch Teil des Problems, für das man inzwischen den schönen Begriff „Overtourism“ gefunden hat. Also, husch-husch, schnell ab nach Hause! Und so klopfen wir beim Besteigen des Autos zum vorerst letzten Mal den Staub aus unseren Klamotten, während der Defender seine auf den langen Pistenfahrten ehrlich erworbene graue Schmutzschicht bis nach Hause behalten darf. Tschüß und bis zum nächsten Abenteuer, Albanien!
Eine Galerie mit den schönsten Fotos von unserer Albanien-Reise findet Ihr hier!
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17 Comments
prachtige foto’s! Geniet van de reis
Dankje, Judith! Binnenkort ga ik ook nog een galerij met de mooiste foto’s van onze reis online zetten!
Hach! Schön .
Hach! Danke! 🙂
Wat een waanzinnige trip, Hartwig. Bijzonder dit met je zoons te kunnen doen. Dat is next level herinneringen maken met elkaar ❤️
Hoi Olga! Ja, wij zijn ook alle drie heel dankbaar dat we deze reis samen hebben mogen doen! Het was tussendoor ook best vermoeiend maar tegelijkertijd voor ons een heel bijzondere ervaring die we niet hadden willen missen!
zo…deel 2 gelezen! Boeiend en zeer intensief! Eigenlijk is het tijdstip niet ideaal in het jaar, gezien de hittes. Toch een waar avontuur meegemaakt samen met je zonen, wat wil je nog meer. Wederom boeiend geschreven!
Hartelijk dank! En ja, je hebt zeker gelijk: de reistijd was niet ideaal, maar we hadden geen andere keuze…
Der Wilfried heißt zwar Wolfgang, aber danke für die Erwähnung
Ich habe dann auch den Weg „aussen herum“ genommen, deshalb danke für die Einschätzung.
Hallo Wolfgang!
Das ist ja eine Überraschung! Und ja, ich gebe zu, ich war mir bei Deinem Namen nicht mehr ganz sicher. Ich werde das natürlich sofort korrigieren! 😉
Wie ist Deine weitere Reise verlaufen? Ich hoffe, Du bist mit Deinem tollen Wagen wieder gut und heil zu Hause angekommen!
Viele Grüße, Hartwig
Hallo Hartwig,
danke alles ist bestens gelaufen. Ich bin noch ein paar Wochen durch Albanien gecruised
https://findpenguins.com/415iu88kar6fe/trip/664b6e12c1aa77-07565890
und letztendlich über die Grenze nach Igoumenitsa zur Fähre nach Venedig gefahren.
Viel Spaß bei euren weiteren Abenteuern!
Hallo Hardwig,
danke für die tollen Berichte. Ich habe alle deine Urlaubsgeschichten sehr gerne gelesen und freue mich auf eine Fortsetzung. Dein Art zu Schreiben lässt mich gefühlt immer dabei sein.
Mit unseren Defender 2024 mit Dachzelt werden wir uns sicher öfters von Euch inspirieren lassen!
Gruß Oliver
Hallo Oliver!
Vielen Dank für Dein tolles Feedback, ich freue mich sehr! Wie schön, wenn wir Euch für Eure Reisen ein wenig inspirieren können! Habt allzeit gute Fahrt und viele schöne Erlebnisse mit Eurem Defender!
Viele Grüße, Hartwig
sehr schöner Bericht. Wir fahren morgen los und ich habe mir einige Anregungen geholt und Ziele ausgesucht. Danke dafür
Sehr gerne, es freut mich, wenn wir Euch ein wenig inspirieren konnten! Ich wünsche Euch eine tolle Reise, Veronika!
Mega toller Reisebericht! Wir waren zur gleichen Zeit wie ihr dort, (lässt sich anhand der Fußballspiele gut einordnen ) und das Lesen eures Berichts hat mich direkt nochmal zurück vetserztt. Wir haben wie ihr die Landschaft genossen, ordentlich unter der Hitze gelitten, teilweise lieber tagsüber im klimatisierten Auto Extra-Runden gedreht, um die Temperaturen zu ertragen, vor Waldbranden geflüchtet aber vor allem das Land und seine freundlichen Menschen lieben gelernt!
Hallo Sonja! Vielen Dank für Dein Feedback! Da haben wir ja offenbar sehr ähnliche Reisen unternommen! Habt Ihr auch frei gecampt oder was hattet Ihr für Unterkünfte?