Fotogalerie „Cementerios“
3. Dezember 2019Patagonien – wild, rau, wunderschön!
13. Dezember 2019Was für ein Kontrast! Als wir mit unseren Rucksäcken vor das Terminal des kleinen Flughafens von Punta Arenas treten, bläst uns ein heftiger und eisiger Wind entgegen und lässt uns frösteln.
Morgens waren wir noch bei höchst sommerlichen Temperaturen in Buenos Aires gestartet, wo wir in dem hippen Viertel Palermo eine äußerst entspannte Woche verbracht und die vielen schönen Cafes rund um unsere Wohnung ausgiebig genossen hatten. In Santiago de Chile hatten wir bei schönstem Sonnenschein das Flugzeug gewechselt und waren dann an das unterste Ende Südamerikas geflogen, in den chilenischen Teil Patagoniens direkt an die Magellanstraße, die Wasserpassage, die Feuerland vom Rest des Kontinents trennt. Weiter südlich kommt dann nur noch die Antarktis.
Und das ist am Wetter deutlich zu spüren. Es hat kaum mehr als 10 Grad und der raue Seewind pfeift uns in Böen nur so um die Ohren. Auch die Landschaft hat jegliche Lieblichkeit verloren, die Umgebung ist flach und tundrenhaft, nur einige kleine Nadelhölzer stemmen sich dem Sturm entgegen. Und auch Punta Arenas, die südlichste Kontinentalstadt der Welt, scheint sich unter dem Wind wegducken zu wollen: ganz überwiegend besteht sie aus ein- bis maximal zweigeschossigen zumeist einfachen und schmucklosen Häusern. Viel Wellblech, Schalbretter, verblichene Farben und oberirdische Kabelleitungen. Lediglich ganz im Zentrum stößt man auf einige wenige renovierungsbedürftige Prunkbauten aus längst vergangenen besseren Zeiten. Und dabei hatte unser Reiseführer behauptet, Punta Arenas sei die „schönste Stadt Patagoniens“ – das lässt nicht viel von den anderen erwarten…
Als uns das Taxi nach einer halbstündigen Fahrt entlang der Küste vor unserem vorgebuchten „Hostal“ absetzt, hat der Wind weiter aufgefrischt und lässt das an einem Galgen über unseren Köpfen hängende Hotelschild laut quietschend hin- und herschwingen – wieder so ein Westernmoment! Aber es passt zum insgesamt wenig einladenden Äußeren dieser Absteige. Im Inneren empfängt uns zudem eine ziemlich mürrische ältere Wirtin an der Rezeption, die natürlich kein Wort Englisch spricht (war klar), aber auch unsere Reservierung im Computer nicht finden kann. Erst nachdem wir unsere Buchungen auf dem Handy präsentiert und den Namen nochmal auf Papier aufgeschrieben haben, findet sie uns dann schließlich doch. Unser Zimmer hat keine Fenster, nur ein Oberlicht und ist so klein, dass das Doppelbett fast die gesamte Fläche einnimmt und die Tür zum Badezimmer gegen den Bettpfosten stößt, wenn man sie öffnet. Aber okay, Hetty hatte gemeint, die Unterkünfte im Nationalpark Torres del Paine seien so unverschämt teuer, dass wir das an den Übernachtungen vorher wieder einsparen müssten.
Als wir uns am Abend nochmal zum Supermarkt aufmachen, stellen wir fest, dass unsere Unterkunft offenbar mitten im lokalen Rotlichtviertel gelegen ist, jedenfalls, wenn wir die verblichenen freizügigen Werbeschilder der uns umgebenden Bars richtig interpretieren. Gleichzeitig sind diese Etablissements aber derart heruntergekommen, dass ich mich frage, ob sie überhaupt noch in Betrieb sind. Wir gehen früh ins Bett, aber der Sturm tost derart lautstark über das Dach, dass an Schlaf kaum zu denken ist. In der darauffolgenden Nacht fallen die Windgeräusche weg, dafür dringen ersatzweise dumpfe Bässe aus billigen Boxen zu uns herüber – offenbar hat die Rotlichtbar neben uns doch geöffnet… Immerhin bewirkt die Nähe zum Südpol, dass es nachts nur wenige Stunden dunkel wird – es ist schließlich Sommer auf der Südhalbkugel.
Der Ort Punta Arenas gibt beim obligatorischen Rundgang nur wenig her. Irgendwie sagt es etwas aus, wenn die größte Sehenswürdigkeit einer Stadt ihr Friedhof sein soll… Am zentralen Plaza de Armas stoßen wir mal wieder auf fahnenschwingende Demonstranten und schwer bewaffnete Polizisten (ja, auch in Chile gibt es gerade politische Unruhen!). Wir bleiben auf Abstand.
Als wir später beim lokalen Autoverleih den Mietwagen für unsere Rundtour durch Patagonien abholen, werden wir gleich zweimal darauf hingewiesen, beim Aussteigen aus dem Auto die Türen besonders gut festzuhalten, da der starke Wind sie sonst möglicherweise aus ihren Scharnieren reißen könne…
Ein erster Ausflug führt uns entlang der Magellanstraße mit Panorama-Blick auf Feuerland an der anderen Küste. Unterwegs passieren wir den Puerto del Hambre – den „Hungerhafen“. Diese kleine Bucht markiert die traurige Geschichte des einzigen spanischen Siedlungsversuchs in Südpatagonien. Man wollte die nur wenige Jahrzehnte zuvor von Fernando Magellan entdeckte Passage vom Atlantik in den Pazifik 1582 für die spanische Krone sichern und gründete mit 300 Siedlern eine Kolonie. Der Versuch scheiterte kläglich, alle bis auf einen verhungerten jämmerlich. Und der letzte überlebende Siedler wurde schließlich ausgerechnet von Piraten aufgesammelt und gerettet. Und als ich so mit Hetty unten am Wasser zwischen angeschwemmten Treibholzstämmen stehe und versuche, mich nicht von den stürmischen Windböen umpusten zu lassen, fällt mir auch nur ein Begriff für diesen Landstrich ein: unwirtlich. Athmosphärisch passend stoßen wir an der Küste immer wieder auf gestrandete Schiffswracks, die im flachen Salzwasser vor sich hinrosten.
Von Punta Arenas fahren wir schließlich nach Norden nach Puerto Natales, einem ehemals kleinen Fischernest, das sich heute ganz dem Geschäft mit den Touristen in Wanderschuhen und Goretex-Funktionskleidung verschrieben hat. Die Fahrt dorthin führt durch Nieselregen und eine eintönige Pampas-Landschaft, die überwiegend von Schafen bevölkert wird und kaum Abwechslung für das Auge bietet (okay, ein paar Guanacos waren auch dabei und ein Nandu und eine Handvoll Flamingos auf einem Teich). Unsere Herberge im Ort ist wieder „unterste Preiskategorie – wir müssen sparen!“ (O-Ton Hetty) und bietet diesmal ein Zimmer immerhin mit Fenstern, aber auch mit sich von der Wand lösender Tapete und winzigem Gemeinschaftsbad auf dem Flur. Immerhin ist es nicht weit bis zum Hafen, an dem – wer hätte das gedacht – ein unablässig wehender eisiger Wind die trüb-braunen Wellen an die Kaimauer treibt…
Auf „Spiegel-Online“ habe ich bei der Vorbereitung gelesen, Patagonien gelte als das „schönste Ende der Welt, das Shangri-La für Naturreisende“. Sorry, Patagonien, aber bevor ich das unterschreibe, muss da noch was kommen. Aber ich gebe Dir noch eine Chance: morgen fahren wir zum Nationalpark Torres del Paine und dessen Landschaft wird in allen Reiseführern als absolut atemberaubend beschrieben. Na, dann…!
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8 Comments
Prachtig
„Een extreem ontspannen week in de hippe wijk Palermo en genoten van de vele mooie cafés“ Waarom zo extreem ontspannen? Voelden jullie je daar thuis?
Dicht bij antartica.. ik dacht zo dicht bij is het nu ook weer niet, dus aardbolletje gepakt.. hmm. Jullie zijn echt heel dicht bij antartica. 🙂
Bijzonder daar… Je gaat er nooit meer heen, maar je bent er geweest en dat is weer een ervaring rijker.
Ja, Rudi, Buenos Aires vonden wij een heele mooie stad met een leuke ontspannen sfeer (tenminste waar wij zaten) – een beetje europees self, zo als een mix tussen Parijs en New York!
Mix parijs NY? jeetje.. Echt bijzonder.
Nu heeft google hier mijn eigen tekst ook vertaald van mijn krom nederlands, naar google zijn krom nederlands, nu is het nog meer krom..als je het nog begrijpt tenminste..hahaha.. Hetty vertaald het wel.
Sehr bildhaft beschrieben, Hartwig. Ich kann mir gut vorstellen, wie enttäuscht ihr zunächst seid, wenn ihr auf eurer Reise schon so viel Schönes gesehen habt und der Reiseführer und andere Magazine Patagonien über den Klee loben und euch dann diese Bilder – gepaart mit dem ungemütlichen Wetter – empfangen.
Aber der Nationalpark wird ganz sicher toll sein 🙂
Liebe Grüße an euch, Claudia
Uih, das hört sich ja ungemütlich an, ich friere direkt beim Lesen!
Aber spannend ist es schon! Viel Spaß und Glück im Nationalpark!
Tolle Fotos Hartwig! Besonders das vom Schiff. Und hey, was ist aus dir geworden da in diesem Holland? Das hört sich nach bestem Kieler Wetter an. Ich stürze mich jetzt mal auf den zweiten Teil, habe ein bisschen was nachzuholen …
Hoi Hartwig, klinkt als een trieste desolate omgeving, alhoewel ook best schilderachtig met die schepen.. en ruimschoots gecompenseerd door wat jullie later hebben beleefd; ik lees jullie blogs in onlogische volgorde en geniet van ieder verhaal en foto!