Fotogalerie Chile: Atacama-Wüste Teil 2
7. Januar 2020Rapa Nui: Moais, vulkanen en de grote grote zee
20. Januar 2020Der Blick vom Balkon unserer Airbnb-Wohnung im 28. Stock nach unten auf die Straßen von Santiago ist schwindelerregend. Unwillkürlich halte ich meinen Kaffeebecher fester – jetzt bloß nichts fallenlassen! Über den Hochhäusern geht die Sonne unter – die besondere Röte ist angeblich auf herübergewehte Rauchpartikel der aktuellen verheerenden australischen Buschfeuer zurückzuführen. Und während der abendliche Verkehrslärm zu mir heraufdringt, beginnen meine Gedanken zu wandern. Die Kinder sitzen jetzt im Flieger nach Hause und unsere Zeit in Südamerika ist fast schon wieder vorbei. Es ist schnell gegangen.
Südamerika war für uns absolutes Neuland. Dem Kontinent waren wir bislang nicht näher als bis Costa Rica gekommen. Die Auswahl der Länder, die wir besuchen wollten, war etwas willkürlich gewesen und hatte sich mehr nach praktischen und klimatischen Erwägungen gerichtet. Insofern hatten wir wenig Erwartungen an die einzelnen Reiseziele. Machu Picchu vielleicht mal ausgenommen.
Letztendlich waren es Peru, Bolivien, Argentinien, Chile und ein ganz kleiner Zipfel von Brasilien (für einen Tag). In knapp vier Monaten haben wir eine Menge erlebt, weit mehr als wir uns vorher hätten ausmalen können. Sehr viel Schönes, einiges sehr Spannendes und entgegen vieler Erwartungen letztendlich nichts wirklich Gefährliches (irgendwer hat mal behauptet, wer nicht mindestens einmal ausgeraubt worden sei, sei nicht wirklich in Südamerika gewesen. Dem kann und will ich mich nicht anschließen.)
Peru war toll. Ein schöner Einstieg in unsere Zeit auf dem Kontinent. Bunt, laut, fremd und lebensfroh. Zugleich mit genug funktionierender Infrastruktur, um nicht gleich den ganz großen Kulturschock zu erleben. Dabei aber auch schon von den Auswüchsen des Tourismus behaftet. Überall versucht man Souvenirs zu verkaufen und sich in Landestracht mit geschmücktem Lama an der Hand als Fotomotiv anzubieten.
Bolivien war schön, noch etwas rauher, einfacher, natürlich auch schmutziger, ärmer. Dafür auch weniger touristisch. Aufgrund der ausgebrochenen politischen Unruhen konnten wir uns nicht alles ansehen, was wir geplant hatten. Das war schade. Aber wir fühlten uns dabei nie wirklich gefährdet.
In beiden Ländern erlebt man auch viel Armut, und Armut ist niemals pittoresk. Armut zu sehen und zu erleben bleibt schwierig. Darauf passend zu reagieren ebenso. Welchem Bettler soll man etwas geben, von welchem Straßenkind etwas kaufen?* Am ehesten hilft es noch der eigenen Bewußtmachung von Realitäten auf diesem Planeten. Uns bewußt zu machen, in welch privilegierten Umständen wir in Nordeuropa leben.
Argentinien hat mir letztendlich fast am besten gefallen. Die Vielfalt der möglichen Reiseziele ist groß (die Entfernungen zwischen ihnen allerdings ebenso): der wilde und rauhe Nordwesten um Salta, die Iguazu-Fälle im Nordosten, eine tolle und wahnsinnig angenehme Hauptstadt Buenos Aires (zumindest, wenn man sich in den richtigen Vierteln aufhält) und die grandiose Natur Patagoniens im Süden – das Land ist wirklich spektakulär! Und Dank der für die Argentinier sehr unangenehmen hohen Inflation für uns aber zur Zeit auch noch recht preiswert. Und während die Infrastruktur eigentlich alles bereithält, was man zum Reisen so braucht, ist der Strom von Touristen, die das Land bereisen, noch angenehm dünn. Aber das wird bestimmt nicht mehr lange so bleiben. Also, beeilt Euch lieber!
Chile hatte von allen diesen Ländern die mit Abstand beste Infrastruktur. Über die Ausbaustufe der Straßen bis mitten in die Atacama-Wüste hinein, konnten wir nur staunen. Aber dafür zahlt man als Reisender auch einen Preis: alles ist wahnsinnig teuer. Das Essen ist teuer, die Unterkünfte sind teuer, auf den Autobahnen zahlt man alle paar Kilometer tüchtig Mautgebühren und an jeder einzelnen Lagune eines Nationalparks bitten die Ranger erneut kräftig zur Kasse (und als Ausländer zahlt man natürlich viel mehr als die Einheimischen) Das nervt manchmal ganz schön! Entschädigt wird man dafür durch eine grandiose Natur: Gebirge, Wüste, Meeresküste – alles da und spektakulär schön! Und ebenso wie in Argentinien auch alles ganz schön weit von einander entfernt. Also auch kein Land für Reisende mit Flugscham…
Politisch und sozial war es in allen Ländern während unserer Reise unruhig. Nahezu ausnahmslos beklagten sich überall die Einheimischen, mit denen wir ins Gespräch kamen, über politisches Missmanagement und Korruption in ihrem Land. Als wir in Peru waren, löste der amtierende Präsident Martin Vizcarra den Kongress wegen diverser Korruptionsskandale auf und rief Neuwahlen aus. Als wir nach Bolivien kamen, wurde der indigene Präsident Evo Morales der Wahlmanipulation beschuldigt und floh nach landesweiten Unruhen nach Mexico. In Argentinien führten Wahlen kurz vor unserer Einreise zwar zu einem Machtwechsel, gleichzeitig wurde aber die umstrittene frühere Präsidentin Christina Fernandez Vize-Präsidentin und entging so einer möglichen Strafverfolgung wegen Korruption. In Chile gab es seit Oktober vor allem in Santiago und Valparaiso gewalttätige Proteste und Straßenschlachten mit der Polizei wegen sozialer Benachteiligungen durch die Regierung. Glücklicherweise „pausierten“ diese über den Jahreswechsel, während wir dort waren, aber in beiden Städten waren deutliche Spuren von Brandstiftungen und Vandalismus zu sehen. Bis es wirklich zu stabilen Verhältnissen in diesen Ländern kommt, dürfte es noch eine ganze Weile dauern.
Natürlich sind wir keinesfalls die ersten, die Südamerika als Reiseziel entdecken. Und so hatten wir an einigen Orten definitiv mit „Over-Tourism“ zu tun: Macchu Pichu ist sicherlich das Paradebeispiel, dazu der Titikakasee, aber auch die Iaguazu-Wasserfälle oder die Wanderung zu den Torres del Paine in Patagonien, die man auch eher in einer langen Reihe von Wandertouristen absolviert. Die Massen, von denen man dann umgeben ist, nehmen schon manchmal etwas vom Genuss des Ganzen weg. Wobei wir uns bewusst sind, das wir selbst logischerweise immer auch Teil dieses Problems sind. Letztendlich erschien uns der Nordwesten Argentiniens noch am ehesten so etwas wie ein „Geheimtipp“ zu sein: spektakulär schöne Natur kombiniert mit bislang wenig Tourismus.
Was ich in ganz Südamerika (trotz vorherigen Einlesens) unterschätzt habe, ist, wie wenig Englisch gesprochen wird – auch im touristischen Sektor. Man kann keinesfalls davon ausgehen, dass in jedem Hotel englischsprachiges Personal vorhanden ist. Wenn wir nicht zumindest ein klein wenig Spanisch gelernt hätten, hätten wir es in vielen Situationen sehr schwierig gehabt. So konnten wir zumindest einige Dinge fragen oder den Preis für’s Taxi aushandeln.Und waren trotzdem immer froh, wenn wir mal auf jemanden stießen, der dann doch etwas Englisch sprach.
Nachdenklich nehme ich einen letzten Schluck Kaffee aus meinem Becher. Und während mittlerweile die Sonne ganz hinter den Hochhäusern Santiagos verschwunden ist, gehe ich vom Balkon zurück in die Wohnung, um den Online-Check-in für unseren Flug auf die Osterinsel vorzunehmen – politisch noch ein Teil Chiles und damit Südamerikas, kulturell aber bereits die Südsee.
* Wir haben es uns zum Prinzip gemacht, auf Reisen Kindern grundsätzlich kein Geld zu geben, damit ihr etwaiges Fernbleiben von einer Schule nicht lukrativ wird.
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5 Comments
Osterinseln – Hartwig, das hört sich traumhaft an. Hier regnet es seit gefühlten 24 Stunden ununterbrochen, von Winter ist – Gott, sei Dank – nichts zu merken, aber dieses dauerhaft trübe Wetter, das sicherlich noch bis Ende März anhalten wird, geht einem so langsam doch gehörig auf die Nerven. Umso schöner, eure wunderbaren Reiseberichte zu lesen und auf diese Weise ein wenig Sonne ins Herz zu bekommen. 😉 Wie sehen eure Pläne denn nach den Osterinseln aus? Zuerst Neuseeland und dann Australien oder habt ihr eure Pläne wegen der verheerenden Brände geändert? Obwohl das Land ja irre groß ist … Ich erinnere nicht genau, von wo aus ihr starten wolltet. Erstmal, ganz viel Spaß auf der nächsten Etappe. Bleibt gesund!
Hallo Uli, auf dem Weg nach Neuseeland legen wir erst noch einen zweiwöchigen Zwischenstopp in Französisch Polynesien ein. Und nach Australien geht es erst Ende März. Ich hoffe, dass sie bis dahin die Buschbrände unter Kontrolle haben.
Vielen Dank für den schönen Bericht. Wie Uli schon geschrieben hat, ist es hier z.Zt. einfach nur eklig nass und ungemütlich. Da mag man nicht mal den Hund vor die Tür jagen :(!
Schön, dass Ihr bisher so viel aus Eurer Reise gezogen habt. Und ich freue mich immer sehr, ein ganz klein wenig daran teilhaben zu dürfen.
Ich bin schon riesig gespannt, von den Osterinseln zu hören!
Weiterhin viele tolle Erlebnisse (ohne Unruhen bitte),
viele liebe Grüße
Gudrun
Nou… mocht je geen werk meer hebben Hartwig, dan stel ik voor dat je schrijver wordt. Je kunt geweldig goed schrijven, of misschien is het wel niet zo. Dat weet ik niet, want eigenlijk is google vertaling de schrijver. Google translate vertaald jou teksten zo goed dat het poetisch geschreven lijkt. Toch denk ik dat je een goeie schrijver bent. Je begint met je koffie en eindigt het verhaal met je koffie.
Mijn complimenten en bedankt dat we de reis met jullie samen mee mochten maken in Zuid Amerika. Hoeveel foto’s hebben jullie inmiddels? 8000? Groetjes, Rudi
Dankje voor het compliment, Rudi! Eigenlijk zou ik een keer moeten kijken wat de Google-Translator van mijn teksten maakt. En ja, intussen hebben wij wel heel veel foto’s gemaakt (rond de 6000).