Inca Trail, there is no plan B!
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29. Oktober 2019Und da ist sie wieder, diese hitzig-feuchte Luft, die uns entgegenschlägt, als wir in Puerto Maldonado aus dem Flugzeug steigen und über das Rollfeld laufen. Und dieser leicht modrige Geruch, der vom Rand des Urwalds herüberzieht. Sofort bildet sich ein leichter Schweißfilm am ganzen Körper. Und gleich fühle ich mich wieder an zahlreiche andere Aufenthalte in den Tropen erinnert und an das besondere Gefühl, das mich dort jedes Mal beschleicht: das Dschungelgefühl.
Irgendwie scheinen sich die Dschungelgebiete entlang des Äquators unabhängig vom Kontinent stark zu gleichen: ob es jetzt in Malaysien, auf Sumatra, in Costa Rica, Japan oder Australien war, sobald man sich dem Dschungel nähert, ähneln sich die Eindrücke: die Dörfer am Rande sind zumeist kleine staubige Nester aus Holz, Wellblech und Plastikstühlen, die Hütten notdürftig zusammengezimmert, aber dafür bunt bemalt und die Straßen ungeteert und von einem Gemengsel aus Motorradrikshaws, Kleinbussen und Geländewagen bevölkert. Und meistens gibt es einen großen braunen Fluss als zentralen Verkehrsweg in den Dschungel. An seinem Ufer warten dann zahlreiche hölzerne Langboote darauf, Einheimische und Reisende in die entlegeneren Urwaldunterkünfte zu bringen.
Und so ist es auch hier: Hetty und ich haben uns nach den Strapazen des Inka-Trails für vier Tage in einer kleinen Dschungel-Lodge am Rande des Tambopata-Nationalparks im südöstlichen Amazonasbecken eingemietet. Als uns das unvermeidliche Langboot nach einer gut dreiviertelstündigen Fahrt auf dem Rio Madre de los Dios am Anleger unserer Lodge absetzt, erwartet uns ein wunderschöner tropischer Garten mit kleinen palmwedelgedeckten Bungalows – ausgestattet mit wenig Komfort, einfachen Betten mit Moskitonetzen und elektrischen Strom gibt es nur zu bestimmten Tageszeiten, aber dafür hat jeder Bungalow eine eigene kleine Terasse mit Hängematten. Und wie sehr liebe ich diese Terassen mit Hängematten! Für kein Geld der Welt würde ich sie gegen eine Suite im Luxushotel eintauschen. Dort im Schatten zu liegen und der Geräuschkulisse des Urwalds zu lauschen, ist Entspannung pur. Je nach Tageszeit variert die Orchestrierung von Vogelgeschrei (Papageien) über Brüllaffen hin zu Zikadengezirpe. Und während ich so ganz leicht in der Matte hin und herschwinge, vermischt sich der Schweißfilm auf meiner Haut mit dem Moskitorepellent zu einer ganz eigenen Melange, auch das gehört zum Dschungelgefühl.
Nach der Wüste ist der Dschungel der Ort, an dem ich mich am schnellsten wohl fühle. Vielleicht hat es auch mit einer starken Kindheitserinnerung an meinen Vater zu tun, der als Universitätsprofessor in den 70er Jahren eine Forschungsreise nach Papua Neuguinea unternahm und dort mehrere Monate im Urwald unter Pygmäen lebte. Die Bilder, Filme und Artefakte, die er von dieser Reise mitbrachte, haben auf mich als kleinen Jungen einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Es war auf jeden Fall eine Erfahrung, um die ich ihn auf ewig beneiden werde. (Weniger darum, dass die Ureinwohner ihn als großen weißen Krieger für ihre Stammesfehden einspannen wollten – ein Ansinnen, das er angeblich nur schwer abweisen konnte. Aber vielleicht ist das auch nur eine Familienlegende….)
Von unserer Lodge aus unternehmen wir einige Ausflüge in den angrenzenden Dschungel. Im Langboot fahren wir über den Sandoval-See, der von nicht weniger als sechs verschiedenen Piranha-Arten bevölkert wird. Lachend erzählt uns Franklin, unser Guide, dass einmal Touristen versucht hätten, hier zu schwimmen und dass es ihnen aber nicht gut bekommen sei. Auf Nachfrage ergänzt er, nein, sie hätten es überlebt, sie seien von den Piranhas nur ein paar Mal gebissen worden. Da wir bereits sehr früh morgens unterwegs sind, haben wir Glück und können eine Gruppe von Riesenottern bei der Jagd beobachten. Dabei kommen sie dem Boot erstaunlich nahe, ein großartiges Erlebnis, wir sind ganz beseelt!
Bei einer Nachtwanderung zeigt Franklin uns dann, dass der Garten unserer Lodge nicht nur von Aras und einem Tukan, sondern auch von zahlreichen Taranteln bewohnt wird. Durchaus faszinierend, diese Tiere mal ganz aus der Nähe zu sehen! Nur unter dem eigenen Bett möchte man sie vielleicht nicht gleich haben…
Stark beeinträchtigt bzw. sogar jäh beendet wird das Dschungelgefühl übrigens dann, wenn man irgendwann zu sogenannten authentischen indigenen Ureinwohnern gebracht wird und dort ihren Vorführungen beiwohnen bzw. noch schlimmer an diesen sogar teilnehmen muss. Und leider so auch hier: nachdem wir die ersten Tage herrlich zwischen Hängematte und Urwaldausflügen verbracht haben, erwischt es uns am letzten Tag dann doch noch: der unvermeidliche Besuch bei den Vertretern des lokalen Stammes Esse Ejja. Natürlich werden wir erwartet und natürlich wird ein routiniertes Besuchsprogramm abgespult, das seinen hochnotpeinlichen Höhepunkt darin findet, dass wir uns alle an den Händen fassen und mit dem Häuptling zu nur bedingt rhythmischen Trommelklängen um sein Anwesen tanzen müssen. Weitere Details erspare ich mir an dieser Stelle.
Und stattdessen liege ich nochmal in der Hängematte auf der Terasse, schließe die Augen, genieße die tropische Hitze und sauge nochmal das Dschungelgefühl in mich auf, bevor es mit dem Flieger wieder zurück nach Cusco geht.
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10 Comments
Wat heerlijk vertoeven daar zeg!
Prachtige foto’s ook!
Liebe Hetty, lieber Hartwig, das hört sich nach einer Mischung aus Entspannung und Dschungelabenteuer an, aber ihr habt die Balance zwischen Hängematte und riesigenTaranteln sicher gefunden. Wir können das Dschungelgefühl gerade sehr gut nachempfinden und waren gestern bei schweißtreibenden Temperaturen in einem Mangrovenwald.Irgendwie versuchen wir nach drei Wochen Anstrengung im Himalaja ja auch gerade den Erholungsmodus, aber das ist in diesem Klima hier auf Koh Chang gar nicht so einfach. Wir denken oft an euch und freuen uns sehr über diesen so unterhaltsamen Blog, der uns eure Reise ein wenig miterleben lässt. Ganz viele liebe Grüße von Susanne und Andreas
Tolles Foto von dem Ara! Dschungel ist immer ganz toll! Und die Liebe für Hängematten auf Terrassen teilen wir!!!
Oh, da kommen Erinnerungen hoch…
Wir haben auch von Cusco aus den Abstecher nach Puerto Maldonado gemacht. Wir wollten nach der Kälte des Hochlands endlich mal wieder Wärme tanken.
Bei unserem Aufenthalt in der Dschungel Lodge blieb uns allerdings der Ausflug zur „authentischen“ indigenen Bevölkerung erspart. Dafür hatten wir einen indigenen Guide, der uns im Stechschritt durch den Dschungel führte, um uns zu beweisen, was für ein cooler Naturbursche er im Vergleich zu uns verweichlichten Städtern war…
Die Atmosphäre im Dschungel und ganz besonders auf dem Fluss fanden wir einmalig.
Liebe Grüße Gina und Marcus
mooi hoor!
Hartwig, ich bin gespannt, wie viele Familienlegenden nach dieser Reise entstehen … Aber wie ich lese, arbeitet ihr ja daran. Ganz liebe Grüße euch beiden. Habt weiterhin eine schöne Zeit!
Hört sich an als der perfecter Stopp nach euerem Inca-Trail-Abenteuer 🙂
hmm… jaren 70, jungle… Tarzan, Johnny weismuller, edgar rice burroughs, ik begin het ook te voelen.
Dat waren mijn jonge jaren fantasieen en jullie hetbben het nu echt beleeft. Boeiend, dat verhaal van je vader.
Lieber Hartwig,
toller Blog, tolle Bilder – aber ich vermisse die Aufnahmen von Deiner Polonaise mit dem Häuptling, da gab es wohl eine Ladehemmung… Versuch es doch bitte nochmal!!!
Ich freu mich schon, liebste Grüße!!!
Haha, sehr komisch, Franzi! Natürlich habe ich alle Beweisfotos von dem Event sofort vernichtet…! Viele Grüße aus Argentinien!