Tegenstellingen en hoe komen we uit Sucre weg!
1. November 2019Argentijns Intermezzo
11. November 2019Jetzt hat es bei den Auseinandersetzungen zwischen Regierungstreuen und -gegnern im Lande die ersten Toten gegeben, und niemand weiß, wohin sich die Unruhen noch entwickeln werden. Also haben Hetty und ich uns entschlossen, auf den Besuch der Salar de Uyuni zu verzichten und das Land vorzeitig in Richtung Argentinien zu verlassen. Was gar nicht so einfach ist: für die 640 km Luftlinie zwischen Sucre in Bolivien und Salta in Argentinien benötigen wir ein Flugzeug (mit Zwischenlandung), einen Bus, ein Boot und vier Taxen:
Morgens um 5:45 Uhr starten wir mit dem Taxi von unserem Hotel aus zum Flughafen, denn um diese Zeit sollen noch keine Straßensperren aufgebaut sein. Zum Glück erweist sich diese Annahme als richtig. Dann geht es mit dem Flugzeug über Cochabamba (Umsteigezeit 35 Minuten, hoffentlich kommen die Rucksäcke mit!) nach Tarija im Süden des Landes. Dort angekommen verhandeln wir mit dem erstbesten Taxifahrer auf dem Vorplatz des Flughafens, ob er uns in das 200 km entfernte Grenzdorf Bermejo bringen kann. Er ruft einen recht stattlichen Fahrpreis auf und lässt sich auch nicht runterhandeln. Als wir uns darauf einlassen, wirft er kurzerhand die Fahrgäste, die er bereits auf seiner Rücksitzbank hatte, wieder aus dem Taxi und lädt hocherfreut unser Gepäck in den Kofferraum. Sie tun uns ein wenig leid, aber für die 5-Minuten-Fahrt ins Stadtzentrum findet sich sicherlich auch ein anderes passendes Fahrzeug.
Die Fahrt nach Bermejo dauert fast drei Stunden, verläuft aber weitgehend reibungslos (dass die offenbar altersschwachen Hinterreifen des Taxis in den Kurven der Bergstraße mehrfach „wegschmieren“, versuchen wir bestmöglich zu ignorieren. Hauptsache, wir kommen voran!). Immerhin scheint es heute keine Straßensperren zu geben. Ich denke immer wieder an das französische Paar, das wir in unserem Hotel in Sucre getroffen haben und die es tatsächlich geschafft haben, sich in ihrem Mietwagen innerhalb von 5 Stunden durch sage und schreibe 23 (dreiundzwanzig!) Straßenblockaden durchzuverhandeln! Leider verfügt unser Fahrer nicht über das gleiche Talent, als völlig unverhofft 5 km vor unserem Zielort und gleichzeitig unmittelbar am Grenzübergang zu Argentinien plötzlich doch noch eine Straßensperre auftaucht. Die Oppositionellen mit ihren Plakaten und Fahnen sind nicht bereit, uns durch zu lassen, weder in den Grenzort noch über die Grenze nach Argentinien. Oder vielleicht nutzt unser Fahrer auch einfach nur die günstige Gelegenheit, um vorzeitig wieder umkehren und nach Hause fahren zu können. Wie auch immer, es bleibt uns nichts anderes übrig, als unsere Rucksäcke auszuladen, und uns in der Nachmittagshitze von mittlerweile 40 Grad (laut Wetter-App gefühlte 42 Grad) zu Fuß auf den Weg in das Dorf zu machen. Von dort aus hoffen wir, am nächsten Morgen die Grenze überqueren zu können.
Wir schaffen gut zwei Kilometer, kommen an weiteren Blockaden von quer gestellten Lastwagen vorbei, müssen aber auch immer wieder pausieren, um auf dem heißen Asphaltweg keinen Hitzschlag zu riskieren. Dann erwischen wir doch noch ein Taxi, das unverhofft des Weges kommt. Der Fahrer stellt sich uns als Adolfo vor, wie „Adolfo Hitler“. Haha, selten so gelacht. Aber egal, Hautpsache wir müssen unsere Rucksäcke nicht weiterschleppen bis zu dem Hotel, dass Hetty für uns per Internet in dem Nest vorgebucht hat (eines von zwei möglichen).
Es entpuppt sich als erbärmlich heruntergekommene Absteige direkt neben dem völlig verweisten Busbahnhof (klar, es fahren ja zur Zeit keine Überlandbusse). Fast könnte man meinen, es sei so häßlich, dass es fast schon wieder malerisch sei: in der tristen und nur karg eingerichteten Eingangshalle erwartet uns ein dicklicher, schwitzender Rezeptionist, freut sich augenscheinlich über unsere Ankunft, kann aber gleichzeitig unsere Reservierung in seinem altmodischen Computer nicht finden. Ist aber egal, das Hotel ist nicht ausgebucht (wie sich später herausstellt, sind wir die einzigen Gäste neben einem jungen bolivianischen Paar, dass dieses Hotel wohl gerne auch nur stundenweise gebucht hätte…). Der Rezeptionist spricht kaum Englisch hat aber gutes Wifi, also läuft unsere Kommunikation mittels Google-Translator und unseren Smartphones, die wir uns abwechelnd gegenseitig unter die Nase halten. Den Zimmerpreis verlangt er im Voraus, was mir verdächtig erscheint und weswegen ich lieber das „Deluxe-Zimmer“ (O-Ton Webseite) erstmal inspizieren möchte. Das sorgt für Verwunderung, aber dem Wunsch wird stattgegeben. Und das Zimmer ist dann auch wirklich „spektakulär“: die Wände sind grün gestrichen, was besonders im Licht der einzelnen Neonröhre an der Decke für äußerst behagliche Stimmung sorgt. Dazu gibt es zwei knarzende Betten, einen Stuhl, einen Tisch und einen Garderobenständer. Fertig. Im angeschlossenen Badezimmer gibt es keine Klobrille auf dem WC und aus der Wand hängen offen elektrische Drähte. Dafür gibt es nur ein Handtuch. Ich mache mir etwas Sorgen, was wohl Hetty zu dem Ganzen sagen wird. Aber zum Glück nimmt auch sie es mit Humor. Hauptsache ein Platz zum Schlafen. Als allerdings der Rezeptionist nach der Inspektion die Unverfrorenheit besitzt und mich darum bittet, doch gleich mal auf seinem Handy eine positive Bewertung für sein Hotel abzugeben, bin ich dann doch echt perplex. Um ihm ob seiner Unverschämtheit nicht gleich eine wüste Beschimpfung an den Kopf zu werfen, winde ich mich heraus, ja wohl erstmal eine Nacht im Hotel schlafen zu müssen, bevor ich etwas bewerten könne. Hinterher müssen Hetty und ich sehr über dieses Ansinnen lachen, und ich überlege, ob ich ihm mal eine ehrliche Meinung bei „Tripadvisor“ zum besten geben solle, aber man weiß ja nie, unter welchen möglicherweise schwierigen Bedingungen solche Etablissements überhaupt am Leben gehalten werden. Achja, hatte ich erwähnt, dass es das auf der Buchungsseite versprochene kontinentale Frühstück und die Möglichkeit zum Geldwechsel im Hotel natürlich nicht gab?
Wie auch immer, wir verbringen unsere letzte Nacht in Bolivien verschwitzt unter einem dröhnenden Deckenventilator. Am nächsten Morgen um halb sieben machen wir uns dann mit einem völlig desolaten Taxi (die Heckklappe lässt sich nicht schließen, das Armaturenbrett hängt an Drähten herunter) auf den staubigen und nicht asphaltierten Weg zum Bootshafen am Grenzfluss. Zum Glück dauert die Fahrt nur wenige Minuten. Dort sollte es laut Angaben unseres Freundes von der Hotelrezeption die Möglichkeit geben, bolivianisches Geld in argentinisches umzuwechseln. Dieses würden wir brauchen, um auf der argentinischen Seite das Busticket nach Salta zu kaufen. Dort würde es nämlich gemäß mehrerer Quellen überhaupt keine Möglichkeit zum Geldwechsel geben (was stimmte, wie sich herausstellen sollte). Nur leider findet sich so früh am Morgen auch auf bolivianischer Seite kein einziger Geldwechsler. Also „parke“ ich Hetty mit unserem Gepäck am Bootsanleger und fahre mit einem weiteren Taxi (diesmal lässt sich die Beifahrertür nur öffnen, indem man von innen die Scheibe herunterkurbelt und den Türgriff von außen betätigt) zu einer Wechselstube im Dorfzentrum. Dort erwartet mich hinter einer Theke ein dicker, unvermeidlich schwitzender und grantig dreinblickender Bolivianer (innerlich taufe ich ihn sofort „Jabba the Hutt“). Ich schiebe ihm meine verbliebenen Bolivianos zu, und er tippt im Gegenzuge mit seinen fleischigen Fingern eine Summe auf einen Tischrechner und dreht mir wortlos das Display zu. Ich nicke gottergeben (was bleibt mir auch für eine Wahl?), er greift hinter sich in einen Tresor und holt ein dickes Geldbündel hervor, aus dem er 40 Hunderterscheine abzählt. Ich versuche, einen Rest Coolness zu bewahren, indem ich sie zumindest mit ernster Miene nachzähle. Er bleibt unbeeindruckt. Dann geht es zurück zum Hafen.
Die Überfahrt hat etwas von einem Western: wir besteigen mit unseren Rucksäcken einen kleinen Holzkahn, der uns dann die gut 100 Meter quer über den braun-trüben Grenzfluss schippert. An der anderen Seite springen wir über einige lose Holzplanken an Land und sind in Argentinien. Ein kleiner Sandweg führt uns dann aber immerhin noch zu einem kleinen Zöllnerhäuschen, in dem enige sowohl bolivianische wie auch argentinische Beamte ihren Dienst versehen und unsere Pässe immerhin mit hübschen Stempeln verzieren.
Irgendwie hatten wir gedacht, dass es auf der argentinischen Seite gleich sehr viel zivilisierter aussehen würde als in dem kleinen „Westerndorf“ auf der anderen Seite. Aber dem ist nicht so, der nur wenige hundert Meter vom Ufer entfernte Busbahnhof besteht nur aus einer offenen Wartehalle und zwei kleinen Ticketbüros und ist mindestens so trostlos wie sein Pendant auf der bolivianischen Seite. Zumindest stürzt sofort ein hocherfreuter Mitarbeiter der lokalen Buslinie auf uns zu, bugsiert uns zum Ticketverkauf und verlädt gleichzeitig unsere Rucksäcke schon in den wartenden Bus. Wir sind etwas erstaunt ob der so gar nicht südamerikanischen Eile, bis uns plötzlich bewusst wird, dass wir den einstündigen Zeitunterschied zwischen Bolivien und Argentinien vergessen haben. Offenbar hatte die Busbesatzung uns schon von Weitem gesehen und nur auf uns gewartet. Zum Glück!
Und so kommen wir dann schließlich am frühen Nachmittag etwas erschöpft aber auch glücklich in Salta an. Bei Heinz und Monika, wie sich die Hoteliers an der Rezeption unseres nächsten Gästehauses vorstellen. Aber das wird eine andere Geschichte, hoffentlich ohne Unruhen und Straßenblockaden. Bitte.
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14 Comments
OMG! Sag, dass das jetzt nur das aktuelle Drehbuch ist, an dem du gerade schreibst und ihr eigentlich total entspannt an einer Poolbar in Miami abhängt.
Ich freue mich auf Heinz und Monika. Obwohl. Wer weiß.
As always: Passt auf euch auf!
Ach so, Klobrillen werden total überbewertet. Da gibt es wenigstens keinen Streit, dass der Herr das Ding mal wieder nicht runtergeklappt hat. Und ich freue mich sehr, dass das alte Bad meiner Eltern anscheinend in Bolivien noch einmal Verwendung gefunden hat … Und hey, es gab immerhin Klopapier!
Ja, das sind die Geschichten, die man irgendwann den Enkeln erzählen kann!
Schön, dass ihr es abenteuerlich, aber unbeschadet aus Bolivien heraus geschafft habt. Der Nordwesten Argentiniens ist wunderschön. Dort haben wir uns auch eine ganze Weile aufgehalten.
Liebe Grüße Gina und Marcus
Meine Güte, ihr Zwei seid ja bereits in Eurer Reise zu echten Abenteurern mutiert. Wenn man überlegt wie ihr im zivilisierten und einfach zu bereisenden Yellowstone gestartet seid und nun dagegen 3.te Welt angesagt ist und man hier und da mehr auf sein Leben aufpassen muss, so ist das schon ein mega Kontrastprogramm. Gut beim Yellowstone könnte man nun noch dagegen halten, man hüpft auf einem vom Ausbruch überfälligen Supervulkan herum, allerdings glaube ich ihr wart dort trotzdem sicherer untergebracht gewesen:-).
Viel Glück Euch dass nun wieder mehr Ruhe und Entspannung folgt und ihr euch auch wirklich wieder erholen könnt!
Hallo Thomas, beim Yellowstone NP haben wir durchaus auch mal über den möglichen Ausbruch des Supervulkans unter unseren Füßen nachgedacht…! Auf jeden Fall ist es jetzt in Argentinien sehr viel ruhiger und alles wieder in geordneten Bahnen. Fast schon ein wenig langweilig… 😉
Wat een leuk avontuur. Zo beleef je nog eens wat 😉
Was für eine tolle Geschichte! Mein Lieblingssatz war auf den Fall „Der Fahrer stellt sich uns als Adolfo vor, wie “Adolfo Hitler”. Haha, selten so gelacht“. Hahahaha. Irgendwie freut es mich ein bisschen, dass Mama dich nicht durchsetzen konnte, mit ihrer „no crappy countries“ Regel. Obwohl ich natürlich die Insider information habe, dass Mama ein unglaublicher strijder ist und diese billige Variante ihre Idee war. Aber eigentlich ist es doch toll solche Erfahrungen zu machen und Mal mitzuerleben, wie es ist in ein Land wo alles ganz anders läuft im Moment, statt ein langweiliges teueres Flugzeug zu nehmen! Aber hoffentlich kommt ihr in Argentinien wieder ein bisschen mehr zum Reisen!
Heftig!! Gisteren wilde ik jullie al vragen hier of het gelukt was, ik zat steeds in spanning. Het heeft nogal wat moeite gekost, maar gelukkig konden jullie nu je spaans echt gebruiken, of spreken ze daar geen spaans?
Je plant een reis zorgvuldig, maar dit was niet in je script beschreven, omdat je het gewoonweg niet kon inschatten. Gelukkig heb je als regisseur een goed vervolg aan jullie film weten te bereiken, samen met je mooie lieftallige vrouw.
Ik hoop dat jullie snel het plezier weer terug kunnen pakken met een goed glas wijn in de hand en koffie voor de lady 😉
Hallo Rudi, hier in Argentinie is alles rustig, alleen zoms blijft het moelijk om een goede koffie voor Hetty te krijgen en dan heeft zij het weer zwaar… 😉
Echte strijders 🙂 Veel plezier in Argentinië.
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Nou lekker effe uitrusten nu zou ik zeggen 😉
Boh, ist das spannend… ich habe mit Euch gefiebert und bin froh, dass Ihr in Sicherheit seid …
Hallo Jutta, Danke, jetzt ist alles wieder ruhig, wir haben uns für ein paar Tage einen Mietwagen genommen und sind jetzt im Nordwesten Argentiniens unterwegs.
Habe jetzt erst Deinen Bericht gelesen, wo wir wieder zu Hause sind. Das ist ja alles der Hammer!
Ihr müsst wirklich ein Buch schreiben!
Ich bin froh, dass Ihr das gut überstanden habt!!!