
Fotogalerie „Outback Australia“
8. November 2025Von Exmouth bis Perth
Auf Reisen läuft nicht immer alles so, wie man es sich vorstellt. Insbesondere wenn man mehrere Monate unterwegs ist, kann man nicht alles im Voraus vorbereiten und durchorganisieren. Und dann hat man zwischendurch auch einfach mal Pech. Und manchmal auch mehrfach. Und wenn sich diese kleinen Momente des Pechs wie die Perlen einer Kette aneinanderreihen, dann nennt man das wohl eine Pechsträhne. Und eine solche hatten wir an der Westküste Australiens.
Diese Gedanken kamen mir, als Hetty und ich in Perth mitten in einem gigantischen Industriegebiet vor einem Cafe im Schatten saßen und darauf warteten, dass die Mechaniker in der Autowerkstatt um die Ecke unseren Geländewagen reparierten. Es hatte eigentlich ganz schnell gehen sollen. Aber von Anfang an:
Wir hatten uns wegen der großen Hitze schneller als geplant aus dem Outback an die Küste begeben. Genauergesagt nach Exmouth, wo wir uns zur Abwechslung zum Camping in einem kleinen Resort einen kleinen Bungalow gemietet hatte. Der relativ junge (erst 1964 gegründete) Ort gilt als idealer Tauchplatz, liegt er doch in unmittelbarer Nähe zum Ningaloo Reef, das als kleiner Bruder des viel berühmteren Great Barrier Reef an der Ostküste Australiens gehandelt wird. Und in Exmouth gibt es den sogenannten „Navy Pier“, eine Landungsbrücke in einem ehemaligen Marine-Stützpunkt, der sich rühmt, einer der 10 besten Tauchspots Australiens zu sein. Über 200 Fischarten, darunter Barrakudas, Riesenbarsche und verschiedene Haiarten sollte man hier zu Gesicht bekommen. Und dort wollte ich also unbedingt tauchen.

Pech Nr. 1: Leider stellte sich vor Ort heraus, dass der Pier baufällig war und für längere Zeit renoviert werden musste. Tauchen war dort gerade nicht möglich. Schade.
Okay, wir wichen auf einen kombinierten Schnorchel- und Tauchausflug per Boot zum Riff aus. Ich würde 2 Tauchgänge vom Schiff aus unternehmen und Hetty parallel dazu mit einer anderen Gruppe schnorcheln. An und für sich ein guter Plan.

Am Tag der Bootstour stürmte es dann aber heftig. Das hatte zur Folge, dass Hetty nicht nur zwischendurch die Fische mit ihrem Mageninhalt anlockte, sondern Wind und Wellen den Meeresgrund so aufwühlten, dass die Sichtweite unter Wasser denkbar gering war. Es gab also nicht viel zu sehen. Schade. Und Pech Nr. 2.
Unser zweites großes Anliegen in Exmouth war die Walbeobachtung. Seitdem wir die Buckelwale in Coffs Harbour von Chris‘ Terasse aus in der Ferne gesehen hatten (siehe „Welcome to Australia“), wollten wir sie endlich vom Boot aus in nächster Nähe beobachten. Das sollte in Exmouth bis November möglich sein. Also versuchten wir, am 1. November eine Whale-Watching-Tour zu buchen.
Pech Nr 3: Leider hatten es die Buckelwale in diesem Jahr vorgezogen, doch schon im Oktober gen Süden zu ziehen. Die Walbeobachtungs-Saison hatte ein frühzeitiges Ende genommen. Bei unserem Tauchausflug sahen wir zwar in einiger Entfernung noch zwei von ihnen kurz auftauchen. Aber da meinte der Skipper schon, das seien wohl die letzten beiden in diesem Jahr. Schade.
Also taten wir es den Buckelwalen gleich und machten uns ebenfalls auf den Weg entlang der Küste in Richtung Süden. In der sogenannten Sharks Bay sollte es kaum Haie dafür umso mehr wilde und gleichzeitig aber sehr kontaktfreudige Delfine geben. Im Rahmen einer einzigartigen „Dolphin Experience“ sollte man mit ihnen aus nächster Nähe interagieren können. Dafür war der Küstenort Monkey Mia zu einem international berühmten Touristen-Hotspot geworden. Leider… – aber lest „Hettys perspektief“:

Hettys perspektief:
Pech Nr. 4 und Nr. 5 vor und in Monkey Mia!
Auf dem Weg nach Monkey Mia kommen wir an einem Homestead vorbei. Ein Homestead ist ein Ort, meist ein Bauernhof (und meist sehr abgelegen), wo Menschen leben und dort einen kleinen Campingplatz betreiben oder ein paar Zimmer vermieten. Bei diesem Homestead gab es eine alte Telegrafenstation, ein paar Ausgrabungen von Muschelsteinen, die früher mangels Zement verwendet wurden, und einen Holzsteg zu Stromatolithen, den ältesten lebenden Fossilien, deren Alter auf 3,5 Millionen Jahre geschätzt wird. Sie leben im Wasser und sind sehr empfindlich, weshalb ein Holzsteg angelegt wurde, um diese Fossilien gut betrachten zu können. Leider hatte ein Zyklon den Holzsteg vor vier Jahren zerstört und er wurde nicht wieder repariert, sodass wir nur aus der Ferne schauen konnten, aber eigentlich nichts sahen. Schade, das wäre interessant gewesen. Pech Nr. 4.
Aber gut, bei der Gastfamilie, wo Mutter und Sohn (vermuten wir) unermüdlich arbeiteten, haben wir immerhin eine leckere Tasse Tee getrunken und frisch gebackene Scones gegessen. Sie hatten beide eine klare Rollenverteilung: der Sohn musste die Leute in das Café/den Laden locken und die Mutter verkaufte die Waren. Beide waren sehr eigenartig, aber vielleicht wird man das auch nach so vielen Jahren in Einsamkeit und sozialer Isolation.
Nach einigen weiteren Zwischenstopps, darunter Shell Beach, bestehend aus Millionen kleiner weißer Muscheln in dicken Schichten (bis zu 9 Meter tief), einem wirklich wunderschönen weißen Muschelstrand, kamen wir in Monkey Mia an. Hartwig dachte, es sei eine Art kleines Dorf, aber das stellte sich als falsch heraus. Es war einfach ein Campingplatz mit Steg und nur einer einzigen Attraktion, nämlich dem Anlocken und Füttern der Delfine, die seit Jahren jeden einzelnen Morgen zum Strand von Monkey Mia kommen. Das wurde kommerziell voll ausgeschlachtet, also wollten wir natürlich auch hin, um die Delfine zu sehen. Wir landeten auf diesem überfüllten Campingplatz mit einem winzigen Stellplatz (im Voraus gebucht, weil es sonst keinen Platz gab). Das war wirklich ein Albtraum für uns, aber gut, alles für den guten Zweck (die einzigartige „Dolphin Experience“).
Wir standen an diesem Morgen sehr früh auf, zahlten extra Geld, um die Delfine zu sehen, und saßen voller Vorfreude mit etwa 50 anderen Campern da und warteten auf die Delfine. Ein schlecht Englisch sprechender Franzose begann um Viertel vor 8 Uhr morgens eine ganze Geschichte über die Delfine zu erzählen, aber im Grunde genommen durften sie nur zwei Delfine füttern, und wenn diese nicht da waren, würde das ganze Spektakel ausfallen. In der Ferne sahen wir schon einige Delfine fröhlich herumtollen, aber näher kamen sie einfach nicht.
Nach 1,5 Stunden Warten war schließlich niemand mehr am Strand, alle waren enttäuscht verschwunden. Ich holte mir einen Kaffee, auf den ich zu allem Überfluss auch noch 25 Minuten warten musste. Die Stimmung war dahin. Pech Nr. 5
Wir hatten anschließend noch eine Bootstour gebucht, um vor allem Dugongs (große Seekühe, seltsamerweise mit Elefanten verwandt) zu sehen. Eir also auf dem Boot, unsere Erwartungen waren inzwischen sehr gering. Aber wir haben doch noch ein paar Delfine und Dugongs gesehen. Am schönsten waren die großen Schildkröten, die auch ab und zu auftauchten, sich vor dem großen Katamaran (auf dem wir saßen) erschreckten und dann schnell wieder untertauchten. Hartwig hat davon ein paar sehr schöne Fotos gemacht. Und außerdem haben wir das herrliche Wetter, den Wind in unseren Haaren und die großartige Meeresnatur genossen, immerhin!

Aber Pech Nr. 6 hatte es sich derweil schon in einer Ecke gemütlich gemacht und wartete auf uns: als wir noch in Monkey Mia auf dem riesigen Parkplatz zu unserem Mietwagen gingen, entdeckten wir in der Frontscheibe einen großen Sprung. Er zog sich auf der Beifahrerseite gut 20 cm lang in elegantem Schwung vom Rand in Richtung der Mitte der Scheibe. Da musste sich wohl ein Steinschlag von einer der Schotterpisten mit Zeitverzögerung bemerkbar gemacht haben. Nicht schön. Zumal Glasbruch natürlich nicht von der Versicherung abgedeckt war. Schade.
Und Pech Nr 7 war, dass sich das Ganze natürlich unmittelbar vor dem Wochenende ereignete. Zu einem Zeitpunkt also, an dem keine einzige Autoglaser-Werkstatt mehr geöffnet hatte. Dies teilte uns jedenfalls die Road-Assistance-Hotline des Autovermieters gleich mit, als wir sie diesbezüglich kontaktierten. Vor Montag könne man uns da leider überhaupt nicht helfen, sorry. Schade.
Wir versuchten uns die Ferienstimmung durch solche kleinere Rückschläge nicht vermiesen zu lassen und fuhren also mit gesprungener Windschutzscheibe weiter nach Süden in Richtung Perth. Dort rechneten wir uns insgeheim die besten Chancen aus, das Problem gelöst zu kriegen.
Die nächste Station auf unserer Route war der sehr schöne Kalbarri Nationalpark. Er verbindet malerische tiefe Schluchten mit einigen wirklich beeindruckenden Felsformationen. Die berühmteste ist das „Nature’s Window“, zugleich eines der bekanntesten Fotomotive Westaustraliens.

Der Park ist bestens ausgebaut und einfach zugänglich. Über einer der Schluchten wurden sogar zwei sogenannte „Skywalks“ gebaut, von denen aus man in schwindelerregender Höhe sehr schöne Aussichten über den Murchison River hat.
Etwas getrübt wurde unsere Begeisterung über die landschaftlichen Schönheit von der Entwicklung des Sprungs in unserer Windschutzscheibe. Er wuchs nämlich im Laufe der nächsten Stunden und Kilometer Stück für Stück auf bedrohliche 40 bis 50 Centimeter Länge an und erreichte so fast die Mitte der Scheibe. „Kleben Sie von innen einen Streifen Tesafilm drüber!“, war der gut gemeinte Rat unserer liebgewonnenen Freunde von der Hotline auf unser erneutes Nachfragen.
Wir schickten ihnen Fotos von dem Riss, um die Dringlichkeit des Problems zu betonen. Daraufhin erhielten wir eine Antwortmail mit der Mitteilung, solange der Sprung nicht im Sichtfeld des Fahrers angelangt sei, könnten wir einfach weiterfahren. Gerne auch bis zum Ende der Mietdauer (noch weitere 3 Wochen). Bei Abgabe des Autos würden sie sich dann um die Scheibe kümmern und uns den Schaden in Rechnung stellen. Oder aber wir könnten vorher selber den Wechsel der Frontscheibe organisieren. Ganz wie wir wollten.

Und während so die E-Mails hin- und hergingen, hatten wir auf unserem Weg nach Süden die Hutt Lagoon erreicht (etwa 500 Kilometer nördlich von Perth). Dieser Salzsee besticht durch die auffallend rosa Farbe seines Wassers. Die Färbung entsteht durch die Mikroalge Dunaliella salina, die bei hohem Salzgehalt und intensiver Sonneneinstrahlung das rötlich-orange Pigment Beta-Carotin produziert. Dieses Pigment dient der Alge als Sonnenschutz gegen UV-Strahlung und verleiht dem See seine geradezu surreal anmutende Tönung. Das Unternehmen BASF nutzt den See zur Beta-Carotin-Produktion und verkauft dieses weltweit als Nahrungsergänzung, Lebensmittelfarbe und für Kosmetika.

Weitere 300 Kilometer südlich stoppten wir bei der Pinnacle Desert im Nambung Nationalpark. Seinen Namen verdankt die Wüste tausenden Kalksteinsäulen, die auf einer Fläche von mehreren Quadratkilometern aus gelbem Wüstensand herausragen – ein regelrechter „Steinwald“. Das Kerngebiet kann erwandert oder aber im Auto auf einem Rundparcours befahren werden. Wir versuchten es zuerst zu Fuß, wurden dabei aber so penetrant von Heerscharen von Fliegen angefallen, dass wir das Gebiet schließlich im Auto erkundeten.
Und als wir nach dem Besuch des Nambung Nationalparks endlich Perth erreichten, war ich ehrlich gesagt heilfroh, dass der Sprung noch nicht komplett quer über die ganze Scheibe gewandert war. Aber nachdem wir mitangesehen hatten, wie er sukzessive jeden Tag größer wurde, kam weiteres Abwarten für uns nicht in Frage. Also kontaktierten wir am frühen Montagmorgen gleich als erstes eine Autoglas-Firma namens „Instant Windscreen“. Man nahm unseren Anruf sehr feundlich entgegen, teilte uns aber eben so freundlich mit, dass man nicht „instant“, sondern frühestens am Donnerstag etwas für uns tun könne. Tja, Pech Nr.8. Schade.

Pech Nr. 8? Halt! Ich hakte nach, ob nicht vielleicht irgendeine andere Zweigstelle noch Kapazitäten frei habe. Und tatsächlich, eine andere etwas weiter entfernte Filiale war doch bereit, uns noch am gleichen Nachmittag zu helfen! Puh, diesmal hatten wir Glück gehabt! Und so kam es dann auch. Wir lieferten den Wagen im Industriegebiet ab und nach einer gut zweistündigen Wartephase im Café um die Ecke war die Scheibe ausgetauscht und wir konnten unsere Reise fortsetzen.
Und was uns betrifft, darf diese Pechsträhne dann auch gerne erstmal zu Ende sein! 😉
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5 Comments
Das ist doch wirklich unglaublich, was Ihr so erlebt!! Ihr solltet ein Buch schreiben:))
Schade, dass Monkey Mia sich so verändert hat! Als ich da war, kamen die Delphine früh morgens bis ins knietiefe Wasser geschwommen (wurden nicht gefüttert!!!) und beäugten uns interessiert! Aber: ups: das ist tatsächlich schon dreißig Jahre her!!
Euch eine pechfreie Weiterfahrt!!! Viele liebe Grüße Gudrun
Also ich hatte jetzt noch erwartet, dass sich am Ende auch noch Dein Zahn meldet, Hati…! Ich drücke Euch die Daumen, ab jetzt geht es wieder aufwärts! Ganz liebe Grüße, Koni
Ach Du meine Güte ! Da habt Ihr ja einige meiner so schön beschriebenen Ziele unter ganz anderen Umständen kennengelernt als ich vor 11 Jahren :(. Ich drücke Euch die Daumen, dass die Reparatur der Glasscheibe nicht zu teuer wird und Eure nächsten Ziele die Laune wieder steigen läßt! Noch ein australisches Sprichwort: Wenn es keine Seufzer auf der Welt gäbe, würde die Welt steif werden… toi toi toi :-)… LG Chris Bonkey
Oh nööööö. Ich drücke ganz fest die Daumen, dass die Pechsträhne jetzt beendet ist und ihr die letzte Etappe ganz entspannt verbringen könnt. (Aber immerhin halten euch die Erlebnisse vielleicht davon ab, dauerhaft als Silver-Traveller dort zu bleiben … so langsam wird es nämlich Zeit, dass ihr mal wieder nach Hause kommt )
Genießt die Zeit bis dahin!
Nou zeg, wat een pech kan je hebben! Klimaatverandering??? Maar ook weer prachtige foto’s van schitterende landschappen, dat is toch puur geluk