
Busan – das „Honolulu Südkoreas“
11. September 2025Hier geht es zum 2. Teil unseres Reiseberichts.
Was es für ein Problem gab, war nicht klar. Auf jeden Fall schien es ernst zu sein. Soviel war aus der strengen Miene der Uniformierten auf dem Flughafen von Seoul abzulesen. Sie öffnete mit einem Summer eine schwere Metalltür zu einem kleinen Nebenraum und forderte Hetty auf mitzukommen. Ich wollte unmittelbar folgen, aber die Frau hielt mich kurz angebunden auf: „Only one person!“. Dann fiel die Tür hinter den beiden mit einem dumpfen Knall ins Schloss. Und dann begann das Warten. Und ich wurde nervös. Nordkorea schien plötzlich gar nicht mehr so weit.

4 Tage zuvor:
Für die gut dreistündige Fahrt von Busan nach Gwangju nahmen Hetty, Bastian und ich frohgemut den Bus. Und die koreanischen Express-Busse sind wirklich äußerst komfortabel: Die Ledersitze sind so riesig, so dass pro Reihe nur drei nebeneinander passen. Eigentlich erinnern sie eher an Fernsehsessel und lassen sich nahezu in Liegestühle umwandeln. Und selbstverständlich verfügt der Bus über schnelles W-Lan sowie USB-Steckdosen an jedem Sitzplatz. Und ebenso selbstverständlich kommen die Busse auf die Minute genau am Zielbahnhof an. So, wie wir hier Bus fuhren, möchte ich auch mal fliegen!
Gwangju: die jüngere Geschichte
Als wir in Gwangju ankamen, regnete es in Strömen. Wir leisteten uns ein Taxi zum Hotel
(Kosten: 4,50 €, die Euro-Stärke spielte uns gerade sehr in die Hände). Da der Regen auch im weiteren Verlauf des Tages nicht nachließ, zogen wir uns schließlich notgedrungen unsere Regenjacken an und wanderten ins Stadtzentrum zur Gedenkstätte für den Gwangju-Aufstand im Mai 1980. Bastian hatte als angehender Politikwissenschaftler ein besonderes Interesse an den damaligen historischen Geschehnissen. Außerdem hatte eine seiner befreundeten Komilitoninnen in St. Andrews Vorfahren, die an dem Militärputsch beteiligt waren, der den Aufständen 1979 vorausgegangen war. 1980 kam es in der Folge zu studentischen Protesten, die sich zu einer massenhaften Erhebung gegen das Militärregime auswuchsen. Die Bewegung wurde schließlich von der koreanischen Armee brutal niedergeschlagen, gilt aber heute als bedeutender Schritt zur Demokratisierung des Landes.

Zur Erinnerung an diese Ereignisse wurde ein Memorial-Park mit verschiedenen Denkmälern und Ausstellungen errichtet, die wir uns nacheinander ansahen. Aber sowohl die dargestellten bedrückenden Ereignisse als auch das trist graue Regenwetter sorgten dafür, dass wir uns schon bald wieder ins Hotel zurückzogen.
Jeonju: die ältere Geschichte
Am nächsten Tag fuhren wir wiederum mit dem nun schon lieb gewonnenen Luxus-Bus nach Jeonju. Jeonju ist eine Stadt mit über 1000jähriger Geschichte und bekannt für zwei Dinge: eine weitgehend intakte Altstadt mit über 700 traditionellen koreanischen Häusern, den Hanoks und für Bibimbab, ein ebenso traditionelles koreanisches Reisgericht. Das eine konnten wir absolut nachvollziehen, das andere nach ausgiebigem Probieren nur so halb… 😉

Wir hatten in einer winzigen Herberge ganz im Hanok-Stil Unterkunft bezogen. In dem wunderschönen kleinen Gebäudeensemble gruppierten sich um einen kleinen Innenhof lediglich 5 Zimmer von jeweils ca. 8 qm. In ihnen gab es gerade genug Platz, die Rucksäcke abzustellen und 2 Tatami-Matten zum Schlafen auszulegen. Die Türen waren so niedrig, dass ich mir ständig den Kopf stieß. Empfangen wurden wir von einer reizenden alten Herbergs-Wirtin, die zwar kein Wort Englisch sprach, sich aber mit Smartphone und Google-Übersetzer flink und völlig hinreichend zu helfen wusste.
Unser Handy benutzten wir in Südkorea übrigens ganz gegen unsere Gewohnheit ohne lokale Simcard. Hier gibt es wirklich an jeder Ecke kostenloses W-Lan, so dass die gesamte Kommunikation über WhatsApp stattfindet und wir überhaupt nicht auf „normale“ Weise mehr telefonieren. Der einzige Nachteil ist nur, dass wir zur Zeit über keine „normale“ Telefonnummer zu erreichen sind. Aber eine Zeit lang muss das auch mal möglich sein.

Als wir das alte Stadt-Zentrum bei einem ausgedehnten Rundgang besichtigten, empfanden wir zum ersten Mal auf dieser Reise Jeonju als eine „schöne“ Stadt im europäischen Sinne. Die meisten südkoreanischen Städte verfügen über kaum historische Bausubstanz, da diese im Laufe der verschiedenen Kriege fast vollständig zerstört wurde. In Jeonju aber gibt es noch viele verwinkelte Gassen und die historischen Holzgebäude mit den den geschwungenen Dächern mit den typischen schwarzen Keramik-Dachziegeln verbreiten einen ganz eigenem Charme. Allerdings ist zugegebenermaßen alles auch sehr, sehr touristisch. Die allermeisten urigen Häuser in der Altstadt werden heutzutage als Guesthouses, Souvenirläden oder Restaurants genutzt.

Bei unserer kleinen deutsch-holländischen Reisegruppe kommt übrigens mal wieder das Sprichwort „Unter den Blinden ist der Einäugige König“ zum Tragen. Soll heißen: Hetty und ich sprechen überhaupt kein Koreanisch, Bastian aber zumindest ein paar Worte. Und als wir so durch Jeonju spazierten, fragte ich ihn daher, ob er mir sagen könne, was auf einem großen Schild mit koreanischen Schriftzeichen stehen würde. Er schaute sehr genau hin, kniff angestrengt die Augen zusammen, wiegte den Kopf hin und her und sagt schließlich mit starkem koreanischen Akzent: „Kai-Ne Aah-Nung!“ Haha, superwitzig! 😉
Wir schliefen zwei Nächte in unserer Hanok-Herberge auf den wirklichbsehr dünnen Tatami-Matten und spürten morgens jeden einzelnen Knochen im Körper. Und trotzdem hätte ich dieses malerische Kleinod von Guesthouse gegen kein anderes komfortableres Hotel eintauschen mögen! Aber ich gebe zu, ich freute mich schon wieder auf die weichen Ledersessel im Express-Bus, der uns schließlich wieder von Jeonju zurück nach Seoul brachte. Hetty hat ein kleines Hostel in unmittelbarer Nähe zur Seoul Station ausgesucht. Keine besonders schöne Gegend, aber logistisch gesehen für uns alle drei ideal, von hier aus direkt zum Flughafen fahren konnten. Wir gingen noch ein letztes Mal mit Bastian Abendessen und dann musste er auch bereits seine Heimreise antreten. Ab jetzt müssen wir ohne Reiseleiter weiter!
Abschied von Seoul

Unseren letzten Tag in Seoul nutzten wir, um den „Namsan“ zu besteigen, den 265 Meter hohen Hausberg mitten im Stadtzentrum. Eigentlich handelt es sich eher um einen Hügel, auf dem aber immerhin der nochmal 235 Meter hohe Fernsehturm weithin sichtbar thront. Der Gipfel kann auch mit einer Gondel angefahren werden, aber wir entschieden uns natürlich dafür, das Ganze zu Fuß zu erledigen (feuchte Hitze hin oder her!). Beim Aufstieg gab es eine Reihe schöner Aussichten über die Stadt, deren gigantische Ausmaße für uns erst jetzt so richtig deutlich wurden.

Oben angekommen machten wir noch eine kleinen Spaziergang in dem Wald, der den Fernsehturm umgibt. Und hier würde wiederum sehr deutlich, wie viel Wert Koreaner auf Ordnung, Sicherheit und Sauberkeit legen: die Wanderwege dort sind zumeist komplett als Holzstege angelegt (natürlich mit Geländer). Und wenn doch mal ein Baum einen Ast über den Weg ausbreitet, wird er mit einer Gummimatte umschlungen, so dass sich niemand daran den Kopf verletzt. Oder aber die Waldwege sind zumindest mit Kokosmatten ausgelegt, so dass man auf gar keinen Fall im etwaigen Matsch ausrutscht. Und auf den restlichen verbliebenen natürlichen Wanderwegen im Wald gibt es in kurzen Abständen Notruf-Säulen mit Notrufknopf. Beleuchtung und Überwachungskamera. Auf die erste trafen wir bereits in 200 Metern Abstand zur Autostraße. Finde ich das total übertrieben? Ja, tatsächlich schon.

Nachdem wir also diese hochgefährliche Bergwanderung überlebt hatten, machten wir uns schließlich auf, die Weiterreise nach Brisbane anzutreten. Der Airportzug brachte uns in einer guten Stunde zum außerhalb auf einer Insel gelegenen Incheon International Airport. Wir hatten genügen Zeit eingeplant, um keinen Stress beim Einchecken zu haben. Und alles schien auch erstmal gut zu gehen.
Unsere Rucksäcke waren schnell abgegeben, die Bordkarten entgegengenommen und gerade hatte ich von dem Beamten bei der Passkontrolle meine Papiere zurückbekommen, als ich in Hettys Schlange neben mir einen Warnton hörte und sah, wie eine uniformierte Beamtin erregt auf sie einsprach. Man wollte sie nicht durchlassen, es gäbe ein Problem mit ihrem Gepäck. Hetty musste zurück. Also drehte ich ebenfalls wieder um und folgte den beiden zur „Baggage Inspection“, die sich hinter einer martialisch wirkenden Metalltür in einem abgetrennten Bereich verbarg. Und da wurde dann Hettys Rucksack nochmal gefilzt. Als ich draußen vor der Tür wartete, dachte ich mir noch, dass wir doch eigentlich mit genau dem gleichen Gepäck bereits von Amsterdam über Taipeh nach Seoul geflogen waren. Wieso sollte es jetzt plötzlich ein Problem geben? Hatte sich vielleicht jemand an unseren Rucksäcken zu schaffen gemacht?
Aber dann fischte die Beamtin das kleine Feuerzeug heraus, das wir in Seoul gekauft hatten. Wir hatten es gebraucht, um die Kerze auf Bastians Geburtstagskuchen anzünden zu können (siehe „12 Tage Südkorea – eine eher zufällige Reise„). Und das war uns nun zum „Verhängnis“ geworden. Aber so schlimm war es dann doch nicht, im Handgepäck durfte es dann nämlich doch mitfliegen, warum auch immer. Und so konnten wir also schließlich doch noch das Flugzeug nach Brisbane besteigen, wo das Abenteuer Australien beginnen sollte.

Hettys perspektief:
Fazit Südkorea und unser supergünstiger Flug nach Brisbane!
Südkorea – Bas hatte damals diesen Vorschlag gemacht, wir selbst hätten uns nicht dafür entschieden. Ein wunderschönes Land im Aufbau, aber geht das alles nicht viel zu schnell? Man sieht es an den riesigen Wolkenkratzern, die nicht schön gestaltet sind, sondern nur dazu dienen, schnell viele Menschen unterzubringen. Es gibt wenig Grün in den Städten, in Seoul versucht man zwar, etwas dagegen zu unternehmen, aber es ist eine Millionenstadt und es gibt wirklich sehr wenig Grün. Gärten, wie viele von uns sie haben, gibt es nicht, man lebt größtenteils in einer Betonwelt.
Es gibt noch wunderschöne Tempel, die auf jeden Fall einen Besuch wert sind. Natürlich konnten wir nur ein paar Städte besichtigen, da wir kein eigenes Auto hatten und alles mit dem Bus oder Zug erreichen mussten. Aber auch wenn man durch das Land reist, sieht man viel und bekommt einen Eindruck vom Land. Ich habe große Bewunderung für die Menschen in Südkorea. Harte Arbeit, eine sehr bewegte Vergangenheit mit heftiger Unterdrückung durch Japan und dann noch das Trauma Nordkorea. Das ist wirklich nicht einfach für die Menschen dort.
Aber jetzt zu etwas ganz anderem: unserem Flug nach Brisbane (Australien). Hartwig war ganz stolz, er hatte einen supergünstigen Flug gefunden, es war zwar eine Art Ryan Air, aber er hatte sich nichts dabei gedacht. Der Flug sollte etwa 9 Stunden dauern. Mit leerem Magen waren wir 3,5 Stunden vorher am Flughafen, nach einigen Turbulenzen (siehe Hartwig) kamen wir dann endlich am Gate an und ihr werdet es nicht glauben, gegenüber dem Gate ein „Paris Croissant” mit leckeren herzhaften Brötchen! Das fing gut an.
Dann ging es ins volle Flugzeug. Ich sah schon auf der Karte, dass alles Geld kosten würde, die Filme, Kaffee, Tee, Essen und sogar das Wasser. Wir hatten uns auf ein bisschen Essen und Trinken gefreut. Ich war schockiert, dass wir nichts bekommen sollten, auch weil wir am Flughafen nicht viel gegessen und getrunken hatten, schrecklich! Wir waren schon eine Weile in der Luft, als wir plötzlich ein Brötchen und etwas anderes zu essen bekamen. Hartwig sagte sofort: „Das haben wir nicht bestellt.” Der Steward antwortete: „Aber es steht auf Ihrer Sitzplatznummer.” Ich hatte das Brötchen schon genüsslich verspeist.
Das Gleiche galt für unser Frühstück, leckerer Bananenkuchen mit Kaffee und Wasser. Hartwig sagte erneut: „Wir haben das nicht bestellt.” Der Steward antwortete: „Aber es steht auf Ihrem Namen.” Und ich hatte schon wieder die Hälfte des Bananenkuchens gegessen. Wir wissen bis heute nicht, wie das passieren konnte, Hartwig hat das nicht dazu gebucht, aber ich war richtig glücklich. Die meisten Leute im Flugzeug bekamen 9 Stunden lang nichts, nicht einmal ein Glas Wasser. Also, Jet Air ist nicht zu empfehlen! Aber wir sind pünktlich in Brisbane gelandet, das immerhin!
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2 Comments
HETTY!!!!! 🙂 Ich hätte das auch alles sofort verspeist. Und auch wenn es was gekostet hätte, hätte Hartwig das, ohne mit der Wimper zu zucken, bezahlt. Der weiß doch genau, was ihn erwartet hätte, hätte er dich hungern lassen … Nun aber ganz viel Spaß in Down under! Ich bin derweil wieder im hohen Norden gelandet. Sogar pünktlich, trotz der Deutschen Bahn. Diese Verbindung soll deswegen auch im kommenden Jahr eingestellt werden – sie funktioniert einfach zu gut!
Das war ja wieder spannend!! Fliegen ist ja immer wieder aufregend!! Und ich kann mich Ulis Kommentar nur anschließen: habe gleich dasselbe gedacht :))!!
Ein sehr schöner Reisebericht: es macht wieder großen Spaß, etwas dabei sein zu dürfen!! Viel Spass in „Down under“(ich bin ein bisschen neidisch!!)
Viele liebe Grüße Gudrun